Helena Algermissen
Welcome to my Website!
Feel free to take a look around in my portfolio or get lost in my long-distance-hiking blog.

Enjoy!

47.8071867° N
13.0744772° E


helena.algermissen@gmail.com

SMT – Abschnitt 1: Auf ein Neues

Tag 1: Der verlorene Löffel

Um 5:00 klingelte uns der Wecker aus der sowieso schon schlaflosen Nacht. Tomasz drehte sich mit einem leisen „sleepy“ noch einmal wieder um und schloss die Augen. Ich schlüpfte in mein bereitgelegtes Wanderoutfit und ging in die Küche, um den Kaffee aufzusetzen. Marijn, der gestern aus den Niederlanden angereist war, war auch schon wach. Zwischen einem schnellen, spärlichen Frühstück und dem Zischen des Espressokochers saßen vier müde Gestalten am Küchentisch. Es war noch zu früh für ausgedehnte Gespräche.

Tomasz und sein Freund Mikolaj gingen heute klettern am Wolfgangsee und aufgrund der angesagten Hitze wollten sie früh starten. Perfekt um Marijn und mich um 6:00 am Salzburger Hauptbahnhof rauszuschmeißen, denn für uns beide ging es nach Slowenien.

Die Verabschiedung von Tomasz war nicht so schmerzhaft wie erwartet, denn in nur 6 Tagen würde er mich auf dem Trail besuchen und mir Gesellschaft leisten.

Voll bepackt trotteten Marijn und ich zu unserem Gleis. Nach einen Umstieg in Graz gelangten wir schließlich nach Maribor, dem Startpunkt des SMT.

Leider musste Marijn feststellen, dass er seinen Löffel am Morgen in unserer Küche vergessen hatte, also war unsere erste Aufgabe für den heutigen Tag die Suche nach einem Ersatz. Erstaunlicherweise erwies sich keines der Restaurants auf unserem Weg gnädig einen Löffel abzutreten, geschweige denn einen zu verkaufen (?!). Löffellos setzten wir uns in Bewegung.

Wir machten halt an einer großen Tafel, die den Startpunkt des SMT markierte. Hier gab es ein kleines Buch in dem wir unsere Namen, Startdatum und SPP für „Slovenska Planinska Pot“ eintrugen – diese Tafel gab es übrigens vor 2 Jahren noch nicht!

Eine Karte des SMT und besondere Orte entlang des Weges

Durch die sengende Hitze begannen wir unseren langsamen Aufstieg zum Pohorje Plateau. Ich hatte zuweilen meine Probleme mit Marijns Tempo mitzuhalten, doch er war gnädig und wartete hin und wieder auf mich.

Nach ungefähr 900 Höhenmetern Aufstieg erreichten wir schließlich das Plateau mit seinen Skiliften und weitläufigen Blicken über Maribor und einige Weinberge. Selbst hier oben wirkte das Klima eher mediterran, doch die Hitze wurde etwas erträglicher, je höher wir stiegen.

Wir erreichten eine kleine Hütte, wo wir unsere Wasservorräte auffüllen. Der Wirt sprach zwar kein Englisch, doch wir verständigten uns mittels Zeichensprache und er versuchte uns zu verstehen zu geben, dass wir doch etwas bleiben sollten, indem er auf ein paar Sonnenliegen zeigte, die das Tal überblickten. Das ließen wir uns nicht zwei mal sagen und der Wirt startete prompt seine viel zu laute Musikanlage für seine einzigen 2 Gäste. Die Pop Musik hätte er sich zwar sparen können, aber wir waren schon ein wenig gerührt, wie er dafür sorgte, dass wir uns wohl fühlten.

Nach der Pause lag der größte Anstieg bereits hinter uns und wir wanderten durch einen dichten Wald in dessen Schatten es angenehm kühl war. Immer mehr Menschen kreuzten unseren Weg und wir begannen in der Ferne ein Akkordeon spielen zu hören. Je mehr wir uns der Musik näherten, desto mehr Menschen kreuzten unseren Weg, bis wir kurzerhand in eine Feier auf der Ruska Koča stolperten. Etwas abseits des Trubels setzten wir uns hin, ich kaufte mir mit einiger Mühe ein Eis am Stiel und anschließend ging es auch schon weiter einen Schlafplatz ausfindig zu machen.

Während wir wanderten suchte Marijn nach dem perfekten Stock, um ihn mithilfe seines Taschenmessers in einen Löffel umzuwandeln.

Als wir schließlich an einen rauschenden Bach gelangten, beschlossen wir unser Lager aufzuschlagen. Die Sonne funkelte noch leicht durch das Blätterdach über unseren Köpfen und bevor es kühler wurde wuschen wir uns im Fluss. Anschließend wurde Abendessen gekocht, geredet, auf das Essen gewartet (wer Gas spart, kocht nicht bis „al dente“) und schließlich genüsslich verspeist. Marijn schnitzte an seinem „Löffel“ während er darauf wartete, dass seine Nudeln endlich essbereit waren. Das Produkt seiner Schnitzaktion könnte zwar keinen Schönheitswettbewerb gewinnen, doch es erledigte seinen Job. Bis zum Ende des trails würde es bestimmt ein recht ansehnlicher Löffel werden.

Unser Schlafplatz

Nach einer kurzen Dehnungs und Entspannungsphase krochen wir in unsere Zelte. Neben dem laut rauschenden Bach schlief ich eher schlecht als recht.

20,84 km; 1230 hm rauf; 478 hm runter

Tag 2: Wettlauf mit dem Sturm

Gestern Abend hatten wir uns geeinigt um 6:00 Uhr aufzustehen, doch nach einer eher durchwachsenen Nacht war ich schon früher wach. Nachdem ich noch ein wenig liegen geblieben war, begann ich so leise wie möglich die Luft aus meiner Isomatte auszulassen. Erleichtert stellte ich fest, dass Marijn ebenfalls auf den Beinen war, also setzten wir uns an den luxuriösen Holztisch um zu früstücken.

Nach einer schnellen Mahlzeit setzten wir uns Bewegung in Richtung Koča na Pesku. Unser Weg führte auf weichem Waldboden durch einen dichten Nadelwald. In der Luft lag der Geruch Schon kurz vor Mittag erreichten wir die erste Hütte und legten eine kleine Pause ein. Von dort ging es hinauf zum Kamm der Planika mit dem Lovrenško barje Moor und seinen Lovrenška Jezera Torfseen. Das Pohorje Plateu wurde einst von Gletschern geformt und die hier oben liegenden Seen sind Wasser gefüllte glaziale Becken, die auf einer undurchlässigen Basis aus Granodiorit- und metamorphen Gesteinen gebildet wurden. Es ist mit bis zu zehn Metern zersetztem Granodiorit und Verwitterungsboden bedeckt. In den oberen Teilen des Pohorje hält diese durchtränkte Bodenschicht große Wassermengen und bildet Sümpfe.

Die Gewässer sind von sumpfigem Boden mit Torfmoosen umgeben, während die erhöhten Teile des Moores mit Zwergkiefern bewachsen sind. An einigen Stellen ist das Moor mit vereinzelten kleinen Fichten bewachsen bewachsen und geht in Fichtenwälder über. Die Lebensräume der Torfmoose, Zwergkiefern und Moor-Fichten sind natürliche Umgebungen für seltene und gefährdete Pflanzen- und Tierarten.

Nach einer Rundtour durch das schöne Naturschutzgebiet, das vielen einzigartigen Pflanzen- und 6 zuhause ist, wanderten wir weiter. Auf einer ausgedehnten Bergwiese ließen wir uns in der Sonne für eine kleine Mittagspause inklusive Schläfchen nieder.

Gut ausgeruht führte der Weg wieder leicht bergauf bis zum Jezerski vrh und der Ribniška Koča. Der Himmel hatte sich inzwischen zugezogen und es wurde immer dunkler. Ein Blick nach hinten teilte mir mit, dass es Zeit war, einen Gang zuzulegen. Da die Hütte geschlossen war, mussten wir unser Wasser leider in einem bräunlich gefärbten See auffüllen. Vor der Hütte trafen wir einen jungen Mann und eine junge Frau aus Frankreich. Mangelnde Möglichkeit zur Kommunikation ließen leider kein weiteres Gespräch zu, allerdings erfuhren wir, dass sie auch den SMT wandern. Wir setzten uns vor die Hütte und waren inzwischen vollständig in Wolken gehüllt, die sich wie ein dichter Nebelschleier um die Hügel legten. Aufgrund der Wetterlage beschlossen wir zunächst nicht weiterzugehen und vor der geschlossenen Hütte zu biwakieren, allerdings schien wie durch ein Wunder nach 30 Minuten wieder die Sonne. Es waren zwar noch einige Gewitterwolken am Himmel zu sehen, aber in ausreichender Entfernung, dass sie uns erlauben würden bis zu einem kleinen Biwak in der Nähe zu wandern, welches Marijn ausfindig gemacht hatte.

Als wir dort ankamen, richteten wir schnell unsere Schlafplätze ein und setzten uns vor die kleine Hütte um den letzten Sonnenschein zu genießen und Abendessen zu kochen. Von dem kleinen Berg auf dem das Biwak lag konnte man bereits in die vor uns liegenden Berge schauen.

Das Biwak von innen

Als es zu Donnern begann, flüchteten wir in unseren kleinen Unterschlupf. Der prasselnde Regen und das Gewitter begleiteten mich in einen unruhigen Schlaf.

24,5 km; 1122 hm rauf; 631 hm runter

Tag 3: Ein stürmisches Jahr

Um 5:00 Uhr stand ich auf und trat aus der Hütte. Das Tal unter uns war hinter einem dichten Nebelschleier versteckt und nur die Bergspitzen lugten daraus hervor. Es schien, als hätte es in den höheren Bergen sogar geschneit! Ich betrachtete für einige Augenblicke die Landschaft und schlüpfte wieder hinein in das kleine Biwak.

Als Marijn kurze Zeit später ebenfalls wach wurde, frühstückten wir und packten unsere Rucksäcke.

Von dem Hügel auf dem unsere kleine Schutzhütte stand, ging es zunächst einige Zeit leicht bergab, bis wir an ein Skiresort gelangten. Auf der Terrasse vor einer bewirtschaften Hütte saßen einige Männer und tranken Kaffee. Wir machten ebenfalls eine kurze Kaffeepause und ich wusch meine Unterwäsche im Badezimmer der Hütte.

Anschließend wanderten wir entlang eines von Bergblumen gesäumten abgeflachten Grats der uns schließlich wieder in einen dichten Wald führte. Noch immer wimmelte es nur so von Blumen und Schmetterlingen. Viele frisch entwurzelte Bäume wiesen auf starke Gewitter in jüngerer Vergangenheit hin. Wir kletterten hinüber oder unter ihnen hindurch. Nach einiger Zeit entdeckte ich kleine Blaubeeren an den Sträuchern die den Pfad einrahmten. Als wir uns umsahen sahen wir mehr und mehr Früchte. Hinter dem nächsten Hügel trafen wir auf Dutzende Slowenen, die mit besonderen Sammelvorrichtungen die Blaubeeren einsammelten. Scherzhaft sagte Marijn, Blaubeeren Sammeln sei der National Sport der Slowenen (sowie Pilze sammeln der national Sport der Tschechen ist).

Kurz vor Mittag erreichten wir eine geschlossene Hütte hinter welcher wir den Abstieg nach Slovenj Gradec in Angriff nahmen. Nach gut einer Stunde wandern durch Wald und vorbei an kleinen Bauernhöfen erreichten wir die kleine Stadt und steuerten direkt den Supermarkt an, um uns mit Wanderverpflegung zu versorgen. Obst und Joghurt wurden direkt vor Ort verzehrt.

Nach einer ausgiebigen Mittagspause ging es zurück zum SMT. Der Wetterbericht versprach leider wieder einmal nichts gutes, also machten wir eine Hütte ausfindig. Sie hatte zwar leider nicht geöffnet, allerdings würden wir wahlweise auch mit Isomatte im Eingang übernachten, so lange wir vom Gewitter verschont blieben.

Durch sattgrüne Maisfelder und weitläufige Sommerwiesen wanderten wir hinauf am Fuße des Uršlja Gora. Wir querten einige kleine Dörfer, aufwändig gestaltete Kirchen und gemütliche Bauernhöfe. Als wir um kurz vor 18:00 Uhr endlich die Hütte Poštarski Dom erreichten, hatte der Himmel sich schon merklich verdunkelt.

Zu unserer Verwunderung stand die Tür offen. Nachdem Marijn ein paar mal geklopft hatte, erschien eine Slowenin in der Tür und lächelte uns an. Wir fragte ob die Hütte geschlossen sei und sie antwortete „Ja… aber nein!“ und lachte. Für uns machte sie eine Ausnahme und ließ uns freundlicherweise übernachten. Sie stellte uns sogar ihre kleine Enkelin Lia vor, die ganz verlegen neben ihr stand.

Die Wirtin bedeutete uns ihr zu folgen und zeigte uns unser Zimmer und den Waschraum. Wir bedankten uns, nahmen eine schnelle kalte Dusche und setzten uns in den Gastraum um zu essen. Binnen weniger Sekunden zog ein heftiger Sturm auf und es begann wie aus Eimern zu schütten. Blitz und Donner peitschten durch die Luft und bestätigten uns mehr als deutlich, die richtige Entscheidung getroffen zu haben.

Die Wirtin sagte, diese vielen Stürme seien für die Region eigentlich eher unüblich und warnte uns vor den kommenden Tagen.

Müde und zufrieden gingen wir ins Bett, während draußen noch immer der Regen auf das Dach trommelte.

24,7 km; 754 hm rauf; 1483 hm runter

  1. Jul 19, 2023 9:35 am

    Immer wieder schön zu lesen. Zum Glück habt ihr jedes Mal noch rechtzeitig Unterschlupf gefunden, wenn heftige Gewitter aufzogen. Ich möchte mir nicht vorstellen, wie das ist, wenn man diesen Naturkräften ohne halbwegs solides Dach über dem Kopf ausgeliefert ist. Weiterhin eine gute und spannende Tour.

  2. Jul 19, 2023 1:05 pm

    Uihhh,das ist ja ein gewittriger Einstieg für euch.Die kleine Schutzhütte war ja wirklich klasse und nett,dass euch bei der bewirtschafteten Hütte Einlass gewährt wurde.Ich würde ganz sicher auch das solide Dach bevorzugen. So ein Gewitter in den Bergen ist schon recht gruselig und die Vorstellung dem Wettergeschrhen nahezu schutzlos ausgeliefert zu sein,wirklich unschön.Die Natur um euch herum scheint ja herrlich zu sein,wie schön,dass du das alles so für dich aufnehmen kannst.