Helena Algermissen
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SMT – Abschnitt 5: Die Partyhütte und wenig Sicht auf die Karawanken

Tag 14: Zurück zum Trail

Obwohl wir keinen Wecker gestellt hatten, waren Marijn und ich schon vor 6:00 Uhr wach. Ich fühlte mich noch immer nicht gut und wir suchten nach möglichen Unterkünften für einen weiteren Zero-Day inklusive Nacht. Leider blieb unsere Suche erfolglos und wir beschlossen, ab Mittag mit dem Bus zurück zum Trail zu fahren und nachmittags den Aufstieg von Trzič zur ersten Berghütte in Angriff zu nehmen und dort zu übernachten.

Bevor der Bus um 12:55 Uhr von Kranj abfuhr, kauften wir noch ein paar Snacks im Supermarkt. Um 13:30 starteten wir unsere Wanderung gen Koča na Dobrči, die an der Seite des Berges Dobrča lag und das Ljubljana Basin überblickte. Der erste Teil des Aufstiegs verlief durch den Wald. Wir machten halt an einer Bank inmitten einer wunderschönen Blumenwiese, die von Schmetterlingen und Bienen nur so brummte. Nach einer kurzen Verschnaufpause ging es weiter hinauf. Ich zwang mich extra langsam zu gehen, um meinen Körper nicht allzu viel Stress auszusetzen (nicht, dass ich in meinem aktuellen Zustand so viel schneller hätte gehen können).

Ich fühlte mich zwar nicht besonders gut, doch erschöpft und heilfroh erreichten wir gegen frühen Abend die Hütte. Zuerst kochten wir Abendessen und stießen mit einem alkoholfreien Radler an. Dann saßen wir noch ein wenig auf der Terrasse und überblickten das Tal.

Kurze Zeit später kam eine Gruppe von drei Männern zur Hütte, einer von ihnen sichtlich betrunken. Als die junge Hüttenwirtin sie bemerkte, schien sie nicht besonders begeistert. Die drei Männer sprachen zu ihr in Slowenisch und führten sich auf als seien sie in ihren eigenen vier Wänden. Einer der Männer kam zu uns herüber und erzählte uns er sei ein Heiler (und auch, dass Marijns „Aura“ nicht gut sei). Er wollte uns Tee aus verschiedenen Pflanzen kochen, die er am Berg gefunden hatte, doch wir lehnten dankend ab. Das schien ihn nicht sonderlich zu stören, denn er baute weiter seinen Gaskocher zusammen und redete auf uns ein. Nachdem wir mehrmals vehement sagten, wir wollten keinen Tee trinken, verstand er es und kippte das Wasser aus dem Topf rücksichtslos hinter sich über Marijns Shirt. Danach erzählte er uns was für tolles Fleisch es hier auf der Hütte gab und dass wir es probieren sollten. Nachdem wir mehrmals wiederholten wir hätten schon gegessen und würden sowieso kein Fleisch essen, verlor ich langsam die Geduld. Der Mann wirkte nicht so als verstünde er was wir sagten und wiederholte sich endlos. Nach einiger Zeit ließ er uns endlich in Ruhe, doch belagerte weiter die Hüttenwirtin. Wir fragten sie, ob alles okay sei. Sie bejahte, auch wenn sie nicht sehr erfreut schien.

Wir gingen zu Bett, untermalt von den Stimmen der Männer, die von unten aus der Küche zu uns heraufdrangen.

Tag 15: Die Partyhütte und ein Flirt mit dem attraktiven Skilehrer

Nach einer wenig erholsamen Nacht, die von der Einnahme von Schmerztabletten unterbrochen wurde, wachte ich relativ spät auf und ging hinunter in den Gastraum, wo Marijn bereits frühstückte. Er hatte zwar nur Frühstück für sich bestellt, doch die Wirtin hatte ihn falsch verstanden und für zwei Personen aufgedeckt. Dankend nahm ich ebenfalls das Frühstück entgegen.

Nach dem Essen schmiedeten wir Pläne für den restlichen Verlauf des Tages und verließen die Hütte gegen 9:30 Uhr. Wir wanderten ein wenig durch den Wald, verloren den Trail, kraxelten über Stock, Stein und Wasserfälle bis wir ihn schließlich wiederfanden und endlich etwas gemütlicher weiter wandern konnten. Immer wieder kletterten wir über umgestürzte Bäume, die den Weg versperrten. Nach gut 2 1/2 Stunden erreichten wir eine kleine Hütte, an der wir für ein schnelles Getränk halt machten. Es war kalt und durch die hohe Luftfeuchtigkeit waren wir komplett durchnässt. Unser nächstes Ziel, der Grat Begunjčica befand sich fast vollständig in den Wolken, also beschlossen wir, die tiefere Alternativ Route zu nehmen, und den Grat von der anderen Seite zu bewandern, falls der Himmel doch noch aufreißen sollte. Als wir die Hütte Roblekov dom erreichten, begann es leicht zu regnen. Wir warteten den Regen aus und wanderten anschließend die letzten anderthalb Stunden bis zur Hütte Dom na Zelenici. Der Weg führte uns ein wenig über den Grat auf Begunjčica und schließlich entlang der Nordflanke über ein paar steile Geröllfelder. Von den Karawanken sahen wir an diesem Tag leider wenig, da sie sich fast durchgehend in den Wolken versteckten.

Als wir die Hütte erreichten, wurden wir von einer sehr freundlichen Wirtin und einer Gruppe von Slowenischen und Amerikanischen Wander:innen empfangen. Wir brachten unsere Rucksäcke ins Lager und ich nahm eine schnelle Dusche, bevor ich mich zu den anderen in den Gastraum gesellte. Marijn und ich aßen eine sehr leckere Suppe aus Gerste und Bohnen, als einer der slowenischen Männer zu uns herüber kam und uns fragte, ob wir Musikwünsche hätten. Ich sagte, wir würden darüber nachdenken und kurze Zeit später hörten wir sie zu „Take me Home, Country Roads“ mitsingen. Da konnte man eigentlich nur einsteigen. Ich wünschte mir ein paar ABBA Songs, die jeder kannte, KISS und Men at Work waren auch von der Partie. Wild wurde durch den Gastraum und auf den Tischen getanzt, sogar die Wirtin stieg mit ein. Nach einiger Zeit kamen wir mit den Slowenen etwas mehr ins Gespräch. Sie kamen aus der Gegend und waren hier im Winter viel Skifahren bzw Skitouren. Einer zeigte mir Fotos von den hiesigen Bergen im Winter, die mich schon ein wenig neidisch machten. Der andere Mann war ein (sehr gut aussehender) Skilehrer. Ich hatte unglaublich viel Spaß, genoss die Musik, die ausgelassene Stimmung und meinen Tanz mit dem Skilehrer – ein bisschen flirten muss schon sein. Je später es wurde, desto mehr Apres Ski Songs und slowenische Schlager wurden gespielt. Um 21:00 Uhr verabschiedeten Marijn und ich uns von der netten Truppe, denn unser Wecker klingelte morgen um 5:00 Uhr.

Tag 16: Silent Disco in den Karawanken

Marijn und ich standen vor allen anderen – von denen wir ohnehin dachten, sie müssten ihren Kater ausschlafen – in der Früh auf. Gerade als wir die Hütte verlassen wollten, waren die Slowenen auch auf den Beinen. Wir verabschiedeten uns und wanderten in Richtung Stol. Ganz am Morgen sahen wir noch ein wenig blauen Himmel, doch das war schon eine Stunde später Geschichte, als wir die 1500 m Marke erreichten. Ab hier wanderten wir in einem dichten Nebel bis hinauf zum Stol und der knapp darunter liegenden Hütte. Komplett durchnässt und frierend versuchten wir unsere Kleidung ein wenig in der Hütte zu trocknen, doch selbst nach einer Stunde war immer noch alles nass, also brachen wir in kalter, nasser Kleidung wieder auf. Auf dem Gipfel von Stol und den danach folgenden Grat war es wortwörtlich aussichtslos. Ich fror und sagte zu Marijn, ich müsse jetzt ein bisschen Musik hören, um etwas schneller zu wandern und wieder warm zu werden. Also steckten wir uns beide Kopfhörer in die Ohren und unterbrachen unsere Wanderung immer mal wieder kurz, um ein wenig zu tanzen. Die Musik machte das stundenlange Wandern im Nebel um einiges erträglicher.

Nach einiger Zeit lichtete sich der Nebel und wir erhaschten Blicke auf das slowenische Innland und die österreichische Seite der Karawanken. Als wir eine kleine Schäferhütte erreichten, machten wir eine kurze Mittagspause. Besonders lange blieben wir allerdings nicht sitzen, denn in unserer nassen Kleidung war es recht unangenehm, nicht in Bewegung zu sein.

Noch gut 2 Stunden wanderten wir etwas tiefer durch den Wald bis zur Koča na Golici und schließlich ließ sich auch die Sonne einmal kurz blicken.

Marijn bestellte sich eine Suppe und ich aß Cous-cous mit Kichererbsen-Paprika Paste, als wir die beiden amerikanischen Frauen aus der gestrigen Hütte erblickten. Schnell kamen wir mit ihnen ins Gespräch und es stellte sich heraus, dass wir in die gleiche Richtung wanderten. Gestern wurde nicht viel geredet, sondern mehr getanzt und gesungen.

Tag 17: Side Quest in Ljubljana

Wir hatten gestern ausgemacht, um 5:00 Uhr aufzustehen, und ohne Rucksäcke auf den Berg Golica hinter unserer Hütte zu wandern. Nach dem Klingeln des Weckers, gefolgt von einem Blick nach draußen, schliefen wir noch eine Stunde weiter. Wie an den Tagen zuvor, waren die Gipfel in den Wolken versteckt.

Marijn bestellte sich Frühstück auf der Hütte und ich aß meine Tortilla Wraps mit kleinen von ihm geschnorrten Marmeladen Päckchen.

Draußen war es windig und kühl, nur kurz erhaschten wir einen Blick auf den Triglav und seine umliegenden Gipfel.

Unser Weg verlief auf der slowenischen Seite der Karawanken, etwas unterhalb der Grenze. Wir wanderten auf einem matschigen und von Kühen ausgetretenen Pfad, auf dem ich bis zum Schienbein in den Matsch einsank. Genervt zog ich meinen Fuß aus dem Schlamm und war ein wenig missmutig. Da meine Schuhe durchgehend nass waren, verloren die Einlagen in meinen Schuhen ihre Integrität und rollten sich unter meinen Füßen zusammen, sodass es unangenehm war, darauf zu gehen. Ich nahm sie heraus und steckte sie in die Außentasche meines Rucksacks.

Auf dem Rosenkogel gab es wie immer nichts zu sehen, also verschwendeten wir nicht viel Zeit und begannen den Abstieg ins Tal. Nach gut zwei Stunden bergab Wanderns durch den Wald erreichten wir Mojstrana im strömenden Regen. Die einzige Pizzeria des Ortes servierte keine Pizza vor 15:00 und wir hatten den größten Teil des heutigen Tages hinter uns, also beschlossen wir, mit dem Bus nach Ljubljana zu fahren, um dort Wäsche zu waschen, Pizza zu essen, und neue Einlagen für meine Schuhe zu kaufen.

Gut anderthalb Stunden später fanden wir uns in Sloweniens Hauptstadt wieder. Hier herrschte ein reges Treiben und wir hatten einen strammen Zeitplan. Zuerst starteten wir die Waschmaschine im Waschsalon, dann liehen wir uns City bikes aus, um uns schneller fortbewegen zu können. Der nächste Stop war eine kleine Pizzeria im Stadtkern. Nachdem die Pizza aufgegessen war, trennten wir unsere Wege: ich ging in ein Outdoorgeschäft, um Einlagen zu kaufen und Marijn nahm die Wäsche aus der Maschine und steckte sie in den Trockner. Nachdem ich auch zum Waschsalon gefahren war, packten wir alles ein, fuhren zum Hauptbahnhof und stiegen in den Bus nach Mojstrana, genau eine Minute vor Abfahrt. Als wir im Bus saßen sagte Marijn: „You’re surprisingly clean for someone who stepped in a shit pool.“

  1. Aug 4, 2023 9:03 am

    Bei diesen unangenehmen Burschen hätte ich vermutlich die Beherrschung verloren. Ätzend!
    Wie schafft man das, wenn man so krank ist, zu wandern, Berge hoch zu steigen und dann am Ende auch noch zu tanzen? Respekt!
    Die Fotos finde ich dieses Mal übrigens besonders schön, falls es da überhaupt noch Steigerungen gibt.