Tag 4: von Elizondo zum Fuß des Berges Adi
Ich wachte schon um 4:00 Uhr in der Früh auf. Mir war kalt, wir hatten keine richtige Bettwäsche bekommen und die Schlafsäcke nicht ausgepackt. So gut wie ich konnte, versuchte ich unter dem dünnen Stück Stoff, das uns als Decke bereitgestellt wurde, etwas Wärme zu behalten. Als um 6:00 Uhr dann schließlich der Wecker klingelte, standen wir auf und machten uns Frühstück.
Wir verließen das Hostel und wanderten zunächst ungefähr 1,5 km durch den Ort bis zu einer Wasserstelle und füllten unsere Flaschen auf. Ab jetzt ging es für den Großteil des Tages bergauf, zunächst durch den Wald und schließlich über weite Wiesen auf denen die Kühe grasten. Je höher wir kamen, desto stärker bemerkten wir die schlechte Sicht und den allgegenwärtigen rauchigen Geruch. Durch die vielen aktiven Waldbrände in Spanien litt nun die Luftqualität und war bereits als „ungesund“ eingestuft.
Wir wanderten weiter und erreichten nach ca. 3 Stunden eine kleine Hütte mit einem Wasserhahn. Hier legten wir eine Pause ein und füllten unsere Flaschen wieder auf. Im Schatten der Bäume verzehrten wir noch schnell ein frühes Mittagessen, bevor es weiterging mit der Wanderung.
Langsam hatte die Sonne ihren Höchststand erreicht und brannte vom Himmel. Wir wanderten entlang eines Zauns direkt auf dem Grat, der die spanisch-französische Grenze darstellte. Die Ausblicke über die Pyrenäen waren gewaltig, doch durch den Smog sahen die Berge selbst zur Mittagszeit trüb aus, als hätte jemand sie aus Papier ausgeschnitten und übereinander gelegt.
Wir erreichten eine weitere Hütte mit einer Wasserstelle, gerade recht zur heißesten Zeit des Tages. Vor der Hütte standen zwei steinerne Bänke im kühlenden Schatten, die wir als Unterlage für ein kleines Mittagsschläfchen nutzten. Als ich von meinem eigenen Schnarchen geweckt wurde, stellte ich fest, dass Alex nicht mehr auf der Bank lag. Durch die Wanderung der Sonne waren unsere Schlafplätze nicht mehr ganz so schattig und es war Zeit zu einem neuen kühlen Platz zu migrieren und den Rest des Tages zu planen. Wir befanden uns gerade an der letzten Wasserquelle für die nächste Zeit, also entschlossen wir uns, jeder 4,5 Liter mitzunehmen, um später trocken zu Campen („drycamping“ ohne Wasser).
Wir verließen die Hütte und machten uns an einen weiteren steilen Aufstieg. Unsere Rucksäcke waren durch das Wasser schwerer als je zuvor und jeder Schritt bergauf war anstrengend. Hier oben gab es keinen Baum, der uns Schatten spenden konnte und so lief der Schweiß förmlich in Strömen. Kurz vor dem höchsten Punkt kam uns ein Wanderer entgegen. Da er aus der anderen Richtung kam, musste er den GR11 „von hinten“ wandern. Seinem großen Rucksack nach zu urteilen, war er definitiv ein Thruhiker. Er fragte uns, wie weit es nach Elizondo sei, und wir antworteten „Ungefähr 5 Stunden.“. Als er uns fragte wo wir hinwollten, sagte er uns, es seien noch 7 Stunden bis nach Burguete, und dass das für heute knapp werden konnte. Wir stimmten ihm zu, denn wir wollten in der Mitte irgendwo das Zelt aufschlagen.
Es folgte ein weiterer Abstieg durch den Wald, gefolgt von unserem letzten Anstieg zum Fuße des Berges Adi, wo wir uns schließlich niederließen.
Abgerundet wurde der Abend mit einem Rennen, wer seine Isomatte schneller aufblasen konnte. Ich mit meinem Mund, oder Alex mit seinem Pumpsack? (Gleichstand, aber eigentlich hätte ich gewonnen, denn Alex hätte das letzte Stückchen mit dem Mund aufblasen müssen, als ich schon fertig war).
Ermattet nach dem langen Tag legte ich mich ins Bett, während Alex noch einen kleinen Abstecher auf den Berg Adi (im Hintergrund) machte.
Tag 5: vom Adi nach Burguete
Um 6:00 klingelte der Wecker und hier oben auf einer Höhe von über 1000 Metern, war es merklich frischer, als wir aus unseren Schlafsäcken krochen. Wir frühstückten im Zelt, packten alles ein und wanderten los. Nach einem sehr steilen zweistündigen Abstieg durch einen fast tropisch wirkenden Wald erreichten wir die Herberge Sorogain, wo wir unser Wasser nach dem drycamping endlich auffüllen konnten. Von hier aus ging es wieder ein gutes Stück bergauf, über zwei einzelne Berge und schließlich hinab nach Burguete.
Kurz bevor wir den Ort erreichten, passierten wir einen Fluss und entschlossen uns, hier noch schnell eine Runde schwimmen zu gehen und uns abzukühlen. Was für ein Genuss!
Um kurz nach 14:00 erreichten wir Burguete – ein kurzer Tag. Das kam uns allerdings beiden ganz recht bei der Hitze. Wir fanden ein Restaurant und bestellten uns endlich mal etwas vernünftiges zu essen!
Anschließend wollten wir einkaufen gehen, doch wir hatten die spanische Siesta vergessen. Der Supermarkt machte erst um 17:00 wieder auf, also legten wir uns in den Schatten und machten ein Nickerchen- unsere eigene Siesta.
Nachdem alle Einkäufe getätigt waren, marschierte wir in Richtung Campingplatz. Dieser war nur über die Hauptstraße zu erreichen und es hatte 35°C, also stellten wir uns an den Straßenrand und streckten den Daumen heraus – man konnte es ja einmal probieren. Das zweite Auto hielt an und nahm uns mit, so sparten wir uns die 3 km („off-Trail“) in der Hitze.
Auf dem Campingplatz stellten wir die Zelte auf und gingen noch einmal im Fluss schwimmen, um uns abzukühlen. Anschließend kamen wir auch noch in den Genuss einer Dusche. Was für ein Luxus auf der Fernwanderung!
Am Abend checkten wir noch einmal den Wetterbericht für morgen: 36°C und die Luftqualität sollte sich noch weiter verschlechtern. Nach einigem abwägen entschlossen wir uns, für morgen einen Zero day einzulegen. Also einen Tag an dem keine Trailkilometer zurückgelegt werden. Üblicherweise legt man auf einer Fernwanderung spätestens alle 14 Tage einen solchen Zero day ein, damit sich der Körper ein wenig erholen kann.
Tag 6: Zero day
Da für heute keine Wanderung geplant war, konnten wir mal so richtig ausschlafen – bzw so gut es eben ging, denn schon morgens war es ziemlich warm. Gemütlich machten wir uns Frühstück, Alex absolvierte ein schnelles Training und ich telefonierte mit einem Freund aus Amerika. Am Nachmittag kauften wir uns ein Eis und spielten ein paar Runden MauMau. Anschließend gingen wir noch einmal schwimmen und schauten am Abend noch gemeinsam einen Film auf Alex‘ Handy. Mit einem Picknick, Rotwein für mich, und Bier für Alex.
Insgesamt zurückgelegte Distanz: ca. 100 km
Jul 20, 2022 6:22 pm
Wieder ein toller Bericht mit herrlichen Foto. Ich google gleich mal nach „Thruiker“. Man lernt ja dazu. Ich wusste auch nicht, dass man von seinem eigenen Schnarchen wach werden kann. Das Open Air Kino finde ich auch klasse….sucht ihr denn jetzt noch den heiligen Gral?
Jul 20, 2022 9:56 pm
Sollte sich auf dem Trail die Suche nach dem heiligen Gral ergeben,wäre ich sehr an Schilderungen darüber interessiert!Ich hoffe,das Jungvolk konnte sich auch an dem Film erfreuen….
Ich finde übrigens,dass die Top Variante „Mircrofaserhandtuch an Kette“ dringend von gängigen Outdooranbietern ins Programm genommen werden sollte!Ich habe mich köstlich über die Schilderung vom Kleidermangel zu Waschzeiten amüsiert,Not macht definitiv erfinderisch.
Eure Speisen sehen von abenteuerlich bis super lecker aus.Ein festgebrannter Titantopf ja eher desaströs,ach Mist!
Ist ja schön zu sehen,dass es auch mal Abkühlung im Fluss o.ä. gibt,das tut sicher richtig gut nach einem anstrengenden Wandertag.
Mein Lieblingsbild ist bis jetzt das elegante „hoch das Bein Foto“ im Sonnenuntergang, wunderbare Stimmung einfach.
Frisch voran Ihr Beiden!
Jul 21, 2022 12:19 pm
Tolle Bilder aus einer wunderschönen Landschaft. Not macht immer wieder erfinderisch, ob in Sachen Kleidung oder Versorgung. An die Siestazeiten müsste ich mich auch gewöhnen. Auf den Dörfern oder in kleineren Städten wird sie immer noch eingehalten. Die Sommersonne ist einfach krass. Schade und dramatisch, dass die Brände so heftige Luftverschmutzungen verursachen. Hoffentlich gibt es bald Regen, der alles wieder runter bringt!
Weiterhin viele schöne Impressionen und viel Glück auf der Suche nach dem ganz persönlichen Heiligen Gral!