23.07.2024 – Tag 23: White Pass – Clear Fork Cowlitz River
Gemeinsam mit acht anderen Wanderern zeltete ich auf der „Wiese“ hinter dem Cracker Barrel Store auf White Pass. Die Wiese war eigentlich nur ein flacher Bereich, der mit Rindenmulch bedeckt war, nicht ganz optimal für die meisten Zelte, die Heringe benötigten. Starker Wind versuchte mein Zelt den Berg hinunterzupusten, sodass wir mehrere Hiker benötigten, um es zum stehen zu bringen.
Am nächsten Morgen schliefen die meisten lange, doch mich trieb das Sonnenlicht schon früher aus den Federn. Es gab einen überdachten Aufenthaltsbereich mit Steckdosen. Ich steckte alle meine elektronischen Geräte an und telefonierte mit Tomasz. Sobald der Kracker Barrel Store öffnete, bezahlte ich für Dusche und Wäsche.
Die Dusche war in einem Motel neben an. Jeder Hiker zahlte 10$ und durfte dafür eine halbe Stunde lang im Motel Raum B4 duschen. Das Motel war nicht besonders schön oder einladend, doch eine Nacht hier kostete 200$, kaum zu glauben. Die Dusche war ein purer Genuss. Ich schrubbte alles gründlich sauber, klaute ein wenig Klopapier und schmiss anschließend die Kleidung in die Waschmaschine.
Dann kaufte ich für den nächsten Abschnitt ein, packte meine Resupply Pakete aus, sortierte das Essen auf dem Tisch und packte alles in den Rucksack. Inzwischen waren auch die anderen wach geworden und es trudelten immer mehr Wanderer ein. Man munkelte, wir seien die sobo „Bubble“ (so nennt man die vergleichsweise größte Gruppe an Hikern, die in die selbe Richtung wanderten). Ich sprühte noch schnell mein Shirt mit Insektenschutz ein und machte mich auf den Weg.
Stetig bergauf wanderte ich auf einem von Farn umrandeten und von Wurzeln durchzogenen Pfad durch den Wald. Hin und wieder passierte ich einen kleinen Teich, die Mücken schwirrten um mich herum – bloß nicht anhalten dachte ich. Ich wanderte ein paar Stunden gemächlich durch den Wald, bis ich schließlich an der Flanke von Hogback Mountain entlangging und einen Pass überquerte. Auf der anderen Seite war Mt. Rainier zu sehen, der immer mehr in die Ferne rückte.
Es folgte ein weiterer Abstieg in den Wald und obwohl ich noch nicht lange unterwegs war, taten mir tierisch die Füße weh. Ich breitete meine Matte auf einer Lichtung aus und massierte meine Füße. Die wurden in den letzten Tagen ziemlich geschunden. Ich nahm mir vor, in der nächsten Stadt einen richtigen Tag Pause einzulegen.
Während ich auf der Lichtung saß, kamen David und Frankie (der süßeste Hund auf dem PCT) vorbei und leisteten mir kurz Gesellschaft. Als die beiden aufbrachen, beschloss ich auch weiter zu wandern. Die Füße fühlten sich für die ersten paar Kilometer besser an, doch dann meldeten sie sich wieder. Wie auch immer, der ganze Rest meines Körpers schmerzte irgendwie auch, nur etwas subtiler.
Es wurde langsam Abend und ich kämpfte mich in Schnecken Tempo den Berg hinauf. Die spitzen Berge der „Goat Rocks Wilderness“ gaben eine wunderschöne Kulisse in der tiefstehenden Sonne ab, die mich ein wenig bei Laune hielt.
Ich schaute trotzdem alle paar hundert Meter auf die Karte, wie weit es wohl noch bis zur campsite war. Nun, es lagen auch einige auf dem Weg und ich hätte früher stoppen können, doch diese eine war besonders schön und lag direkt an einem Bach.
Um kurz nach 18:00 Uhr erreichte ich endlich mein Ziel und suchte einen Platz für mein Zelt. Es war so steinig, dass ich die Heringe nicht in den Boden bekam, aber man konnte das Zelt auch spannen, in dem man die Schnüre um große Findlinge wickelte.
Das Zelt stand, ich begrüßte meine Nachbarn und kochte Abendessen. Eine Koreanerin zeltete direkt neben mir und leistete mir beim Abendessen Gesellschaft. Maria und Ethan aus Kanada kamen etwas später auch noch dazu, ich hatte sie bereits am White Pass getroffen. Anschließend legte mich hin und schlief zu den Klängen des rauschenden Baches ein. Hin und wieder kreischte ein großer Vogel, ein Adler oder Falke? Sehen konnte ich ihn nicht, nur hören.
24.07.2024 – Tag 24: Clear Fork Cowlitz River – Coleman Weedpatch
Nach einer überraschend warmen Nacht kroch ich aus meinem Zelt, frühstückte und packte alles ein. Es ging stetig bergauf, der Weg wand sich um den Berg und hinüber in ein weiteres Tal. Hier ruhten hohe Berge, teils bedeckt mit Schnee, der in die Mulden hinabzufließen schien und von weitem aussah wie die Streifen eines Zebras.
Ich wanderte parallel zu der Bergkette und begann schließlich die Gratwanderung „Knifes Edge“ (Messers Kante/Schneide). Rechts und links ging es steil bergab. Der Trail war inzwischen eher alpin, ich wanderte auf großen Steinscherben die unter meinen Schritten klirrten. Hinter einer Biegung traf ich Maria und Ethan, die gerade Frühstück machten. Ich setzte mich dazu, staubte eine getrocknete Mango Scheibe ab und wir wanderten gemeinsam weiter.
Der PCT gabelte in zwei alternative Wege, einer führte steil über Old Snowy Mountain, der andere blieb auf gleicher Höhe und umwanderte den Berg . Wir entschieden uns, Old Snowy Mountain mitzunehmen und begannen mit dem Anstieg. Das Gelände war steinig und anspruchsvoll, wie man es vom PCT gar nicht gewohnt war. Wir bewegten uns nur langsam vorwärts, doch das lag nicht nur am steilen Trail, sondern auch an den Ausblicken hinter uns. Mt. Rainier überragte die Landschaft und im Vordergrund sahen wir den Grat, den wir soeben erklommen hatten. Das Bild, das sich ergab glich einer Postkarte.
Auf der anderen Seite, südlich von uns, sahen wir Mt. Adams, den nächsten Vulkan. Nach Old Snowy Mountain stiegen wir hinab, überquerten einige Schneefelder und fanden uns schon bald in einer bunten Blumenwiese wieder. Während wir pausierten und unser Mittagessen verspeisten, kam Rock’n’Roll dazu. Den Trailnamen hatte er seinem Job zu verdanken, er war Geologe. Er setzte sich zu uns und wir genossen die Pause gemeinsam.
Am Nachmittag wanderten wir schließlich wieder in den Wald hinein. Es wurde überraschend kühl und der blaue Himmel war zum ersten Mal seit langem von Wolken bedeckt. Als wir die nächste Campsite erreichten, mussten wir feststellen, dass sie leider schon komplett voll war mit einer großen Gruppe an Wanderern. Wir beschlossen weiter zu gehen, doch nach einigen Metern erspähten wir zwei weitere Zelte versteckt im Wald. Wir näherten uns und entdeckten die zugehörigen PCT hiker. Die campsites hier waren weniger flach, aber das ist immer das Problem, wenn man später kommt. Da sind die guten schon vergeben.
Wir bauten die Zelte auf, wurden von Mosquitos heimgesucht und verschwinden daher schnell im Zelt.
24.07.2024 – Tag 24: Coleman Weedpatch – Riley Creek
Als ich aufwachte, war mir kalt. Ich steckte den Kopf aus dem Schlafsack und zog ihn direkt wieder hinein, es war viel zu kalt um zu wandern.
Irgendwann hörte ich die anderen in ihren Zelten rascheln und beschloss, dass es Zeit war zu starten. Ich frühstückte, packte alles ein und wanderte gemeinsam mit Ethan und Maria los.
Es war so kalt heute Morgen, dass wir in Regenjacke und Handschuhen wanderten. Die Kälte führte auch dazu, dass wir praktisch keine Pause machten, also erreichten wir problemlos die 10 vor 10 (10 Kilometer vor 10:00 Uhr morgens). Der Trail war eher unspektakulär und einfach zu wandern.
Kurz vor Mittag erreichten wir eine Kreuzung. Dort stand ein Mann mit einer Kühlbox und fragte uns, ob wir Muffins wollten. Trail Magic! Dankend nahmen wir die Muffins entgegen und ließen sie uns schmecken. Der Mann erzählte uns, dass seine Freundin den PCT wanderte, und er sie an jeder Kreuzung besuchte und etwas leckeres zu essen für sie und die anderen Wanderer mitbrachte. Welch ein Glück für uns!
Nach ungefähr 20 Kilometern beschloss ich, dass es Zeit war für eine Mittagspause. Ethan und Maria waren voraus, also pausierte ich alleine. Nach nicht allzu langer Zeit leistete mir jedoch Jack aus Colorado Gesellschaft und Rock’n’Roll wanderte auch vorbei.
Ein paar Kilometer später traf ich Maria und Ethan, wie sie sich auf einer Wiese mit Blick auf Mt. Adams sonnten. Im Hintergrund rauschte ein Wasserfall. Ich legte mich zu ihnen in die Sonne und beobachtete den großen Vulkan. Mehrere Gletscher konnte ich erkennen, doch auch die schienen zu schmelzen, wie ich später von unserem Geologen erfuhr (Das Wasser in den Flüssen war seltsam trüb und stammte von den Gletschern).
Nach einer ausgiebigen Pause wanderten wir weiter. Ein River Crossing erwartete uns, allerdings war der Fluss auf Baumstämmen und Steinen leicht zu überqueren, wenn man ein wenig die Balance halten konnte. In dieser Gegend befanden sich riesige Geröllfelder aus schwarzem Vulkangestein. Der Trail bestand aus schwarzem Sand, die auf Teneriffa! Das Wandern im Sand war allerdings anstrengend und wäre barfuß wohl angenehmer gewesen. Anschließend führte der Trail durch den Wald, stets mit Blick auf Mt.Adams.
Wir erreichten eine weitläufige Wiese und beschlossen das Lager auf zu schlagen. Auch hier wachte Mt. Adams über uns.
Gemeinsam aßen wir zu Abend und verabschiedeten uns früh in die Zelte. Hiker Midnight war 21:00 Uhr.
26.07.2024 – Tag 26: Riley Creek – Trout Lake
Die Nacht war kalt und ich erwachte mit Frost auf meinem Zelt. Im Stummen beschlossen wir kollektiv noch liegen zu bleiben und später zu starten. Der Frost wollte nicht abtauen und so wurde das Zelt schließlich trotz Eisschicht eingepackt. Zitternd saßen wir vor unseren Campingkochern und warteten darauf, dass das Wasser kochte.
Nach dem Frühstück wanderten wir los. Wir hatten einen kurzen Tag vor uns, nur 16 km bis zur Straße, die nach Trout Lake führte. Der Weg führte erneut durch einen alten Waldbrand und somit war der kurze Tag wenig ereignisreich. Der Gedanke an eine Dusche und eine Pizza motivierten uns entlang des Weges.
Als wir die Straße nach Trout Lake erreichten, rollten zwei große Trucks in die Einfahrt des Trailheads. Eine Frau in Sommerkleid und Cowboy Stiefeln stieg aus. In ihrer rechten Hand hielt sie eine Kamera mit Teleobjektiv. Sie strahlte uns an und fragte, ob wir Trail Fotos wollten. Etwas verlegen sagten wir ja und postierten uns im Wald. Anschließend fuhr sie uns nach Trout Lake und gab uns eine kleine Einführung in die Stadt. Wir hielten bei einem Restaurant/Café und bestellten uns Burritos und eine Limonade. Anschließend fuhr sie uns in die Innenstadt und lud uns vor dem Supermarkt ab. Hier gab es ein Hiker Register, in das wir unsere Namen eintrugen. Außerdem gab es eine Waschmaschine, kostenloses Zelten im Garten, eine Ladestation für elektrische Geräte und eine kleine Terrasse. Wir entspannten ein paar Stunden im Schatten, bis wir abends noch eine Pizza essen gingen.