Helena Algermissen
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Pacific Crest Trail – Abschnitt 1

30.06.2024: Planänderung

Leise und rhythmisch tropften winzige Regentropfen auf unser Zelt. Um 3:45 Uhr wachte ich auf und konnte nicht wieder einschlafen. Irgendwie hing mir das Jetlag doch noch nach. Noch dazu hatte ich Halsschmerzen bekommen und wie es sich anfühlte ein leichtes Fieber. Es war noch dunkel und leise kroch ich aus dem Zelt, um in die Hütte zu gehen und mir einen Tee zu machen. Als Tomasz schließlich aufwachte beschlossen wir, den Start unserer Wanderung um einen Tag nach hinten zu verschieben. Von Silvio mussten wir uns leider verabschieden, er wurde heute mit 5 anderen Wanderern von Meander zum Trailhead auf Harts Pass gefahren. Josh entschloss sich so wie wir auch noch einen Tag zu warten.

Wir verbrachten unseren zusätzlichen Tag im Lions Den damit unsere Kleidung zu waschen, zu lesen, zu malen und spazieren zu gehen. Im Laufe des Tages trudelten immer mehr Hiker ein und berichteten von den Trail Conditions nördlich von Harts Pass. Scheinbar war ein guter Teil des Schnees geschmolzen und nur ein paar wenige kritische Stellen übrig, an denen man gut aufpassen musste. Tomasz freundete sich mit einem anderen Fahrradfanatiker an und die beiden begannen schon bald zu fachsimpeln. Ich legte mich zwischendurch wieder für ein Nickerchen ins Zelt.

In der Hängematte baumeln und lesen

01.07.2024 – Tag 1: Die ersten Schritte auf dem PCT

Wie immer wachte ich um 3:45 Uhr auf – danke Jetlag. Ich ging in die Küche, machte mir einen Tee und begann im Dunkeln mit Kopflampe zu frühstücken. Kurze Zeit später kam auch Tomasz zu mir, er konnte wohl auch nicht mehr schlafen. Gemeinsam legten wir uns noch ein paar Stunden wieder hin, bis wir um 6:00 Uhr unsere Rucksäcke packten. Meander würde uns um 7:00 Uhr zusammen mit Josh und einem Pärchen aus den USA zu Harts Pass fahren. Wir wuchteten die Rucksäcke in den Kofferraum des Transporters und fuhren los. Nach einem kurzen Kaffee stop fuhren wir auf einer löchrigen Schotterstraße zu Harts Pass. Rechts und links der Straße ging es steil hinunter, und der Transporter wankte mit jedem Schlagloch hin und her. Auch Teile des Wagens, die sicher zuvor unbeweglich waren begannen zu klappern und ich hoffte, wir würden heile oben ankommen.

An Harts Pass erwartete uns ein Park Ranger. Sie kontrollierte unsere Permits und händigte uns ein PCT Schild für den Rucksack aus. Hier oben war es eisig kalt, in der Ferne ruhten die schneebedeckten Spitzen der North Cascades. So richtig Sommer war hier noch nicht.

Wir nahmen unsere Rucksäcke und bedankten uns bei Meander. Er wünschte uns alles Gute und da standen wir nun. Mitten im Nirgendwo. Umgeben von wunderschönen weitläufigen Tälern, grünen Wiesen, Wasserfällen und Nadelwäldern. Ich konnte gar nicht glauben, wie schön es hier war.

Los geht’s!

Wir begannen zu wandern und zu unserer aller Überraschung war der Trail ziemlich flach und sehr gut in Schuss. Wandern in Österreich ist damit nicht zu vergleichen. Man musste nicht einmal auf die Füße schauen und konnte sogar beim gehen die Aussicht genießen.

So schlenderten wir also dahin, auf dem von Blumen gesäumten Pfad, der von Kanada nach Mexiko führte. Aber jetzt mussten wir erst einmal nach Kanada.

Wir überquerten ein paar Schneefelder, unzählige Bäche, die durch die Schneeschmelze nur so sprudelten und wanderten später tief in einen dichten Wald hinein. Hier trafen wir viele andere Wanderer aus aller Welt. Ein Mann aus Deutschland kam uns entgegen, der mich von meinen YouTube Videos erkannt hatte (und das schon an Tag eins). Wir unterhielten uns und setzten die Wanderung fort. Auf einem Grat verspeisten wir unser Mittagessen und wanderten weiter durch den Wald. Irgendwann erhob sich der Trail wieder auf einer weitläufigen Bergwiese und wir erblickten unsere heutige Campsite. Eingebettet in ein kleines Stückchen Wald, genau am Rande der Wiese und eine zaghaft fließende Wasserquelle direkt daneben. Was wollte man mehr?

Gute Nacht!

Tomasz und ich schlugen das Lager auf und immer mehr Wanderer trudelten ein. Eine Dreiergruppen von Frauen aus Montana, Josh, ein junger Mann aus Arizona und ein Pärchen aus Seattle. Tomasz kam mit ihnen ins Gespräch und sie gesellten sich fürs Abendessen zu uns. Irgendwann wurde es uns zu kalt und wir verkrochen uns ins Zelt.

02.07.2024 – Tag 2: Die kanadische Grenze

Ich wachte auf und schaute auf die Uhr: 3:30 Uhr – super, dachte ich. Tomasz schlief noch und ich blieb noch liegen bis um 5:00 Uhr endlich die Sonne aufging. Es war eiskalt hier oben, wir hatten auf ungefähr 1800 m gezeltet und mehr als 5 °C hatte es an diesem Morgen nicht. Als Tomasz schließlich auch aufwachte machten wir Frühstück und versuchten uns so schnell wie möglich warm zu wandern. Zum Glück ging es direkt zu Beginn bergauf zu Rocky Pass. Wir passierten einige steile Schneefelder und begannen auf der anderen Seite des Passes mit dem Abstieg. Da trafen wir Silvio. Er berichtete vom Abschnitt der vor uns lag und wir verabschiedeten uns, in der Hoffnung uns später noch einmal wieder zu sehen.

Alles anziehen, was geht!
Rocky Pass

Kurze Zeit später überquerten wir Woody Pass und wurden mit atemberaubenden Ausblicken belohnt. Nun folgte die Stelle, an der so viele Wanderer umgekehrt waren: Devils Staircase. Den Erzählungen nach läge hier viel zu viel Schnee und es sei steil und gefährlich.

Nach dem wir so viel darüber gehört hatten, war Devils staircase fast eine Enttäuschung – im guten Sinne. Der zu überquerende Schnee war nichts, was man in Österreich zu Beginn der Saison nicht auch gehabt hätte. Zwei Schneefelder, eines davon recht steil, aber zu keiner Seite hin ein Fall der fatal gewesen wäre. Wir machten eine lange Mittagspause an einem wunderschönen glasklaren Bergsee. Die Temperaturen luden heute nicht gerade zum schwimmen ein, aber morgen sollte es wärmer werden.

Hopkins Lake

Nach der ausgiebigen Mittagspause wanderten wir noch ungefähr 5 Kilometer bis zu einem ausladenden Camp. Die Mosquitos schwirrten nur so in der Luft und stürzten sich auf uns, sobald wir nur eine Sekunde stehen blieben. Wir bauten unser Zelt in Regenkleidung auf, ließen alles hier, was schwer war (Bärenkanister, Isomatten, Wechselkleidung) und wanderten die letzten 6 km bis zur kanadischen Grenze mit leichtem Gepäck. Zum ersten Mal war der Trail überwuchert und von umgestürzten Bäumen bedeckt. Wir kletterten drunter und drüber, schlugen uns durch die Büsche, sprangen über kleine rauschende Bäche und plötzlich standen wir schon an der kanadischen Grenze. Diesen Ort hatte ich schon oft auf Videos und Fotos gesehen, doch so wie das Monument dann in echt aussah, hatte ich es nicht erwartet. Eine winzige Lichtung beherbergte den hölzernen nördlichen Terminus, geschmückt mit einer amerikanischen und kanadischen Flagge. Direkt hinter dem Monument befand sich eine fast 20 Meter breite Schneise im Wald, die sich etliche Kilometer lang den Berg hoch schlängelte. Recht und links davon dichter Wald, doch hier wuchs fast nichts, als wüssten die Bäume, dies sei Sperrgebiet. Die Grenze sah irgendwie skurril aus und ich fragte mich, wer diese Schneise wohl aufrechterhalten würde, dass sie nicht zuwucherte. Hinter dem Monument gab es eine alte Metallkiste mit einem Buch zum eintragen des Namens und der Herkunft der Wanderer. Die Einträge endeten auf Seite 2, es hatte also noch nicht zu viele Leute dieses Jahr zur Grenze verschlagen. Das obligatorischen Foto wurde natürlich auch an der Grenze geschossen und dann wanderten wir auch schon wieder zurück zum Camp.

Der nördliche Terminus!

Die letzten 6 km waren hart und lang, ich bekam eine Blase am rechten Fuß, doch hatte alles zum verarzten im Zelt gelassen. Tomasz hatte ein normales Pflaster, das musste bis dahin reichen. Unsere Füße schmerzten und unsere Beine fühlten sich mit jedem Schritt schwerer an. Um ca 19:00 erreichten wir endlich das Zelt. Zwar konnten wir es beide gar nicht erwarten, endlich schlafen zu gehen, doch zuerst musste noch gegessen werden. Nach einer schnellen Mahlzeit und einer kurzen Runde Dehnen verschwanden wir im Refugio, wo uns die Mücken nichts mehr anhaben konnten.

03.07.2024 – Tag 3: Und wieder zurück

Naja, also das mit dem Jetlag hatte ich tatsächlich noch immer nicht so ganz im Griff, denn wie auch sonst wachte ich um 3:30 Uhr auf. Ich lag recht lange wach und schlief gegen 5:00 Uhr sogar noch mal ein. Als ich aus dem Zelt stieg taten meine Füße weh und irgendwie hatten sich die Beine von den 30 km gestern noch nicht ganz erholt.

Mein Hals schmerzte immer noch leicht, aber fühlte sich vor allem sehr trocken an, weshalb ich ständig husten musste. Ich glaube es lag an der trockenen Luft hier, es fühlte sich ganz anders an, als in Österreich.

Zum Frühstück gab es Porridge mit getrockneter Mango und Mandelmus, fast wie daheim. Anschließend wanderten wir los in Richtung Hopkins Lake. Es war zu früh für eine richtige Pause, wir füllten nur die Flaschen auf und wanderten weiter. Über devils staircase, durch den Schnee hinauf und hinüber zu Woody pass. Hier legten wir eine lange Mittagspause ein inkl. Waden-Massage für Tomasz. Wir wuschen unsere Füße im eiskalten Wasser, dass sich unter den Schneefelder sammelte und setzten die Wanderung fort zu Rocky pass. Hier lag noch immer recht viel Schnee aber das war für zwei geübte Bergziegen natürlich kein Problem.

Die letzten zwei Kilometer zur campsite verliefen gemütlich und leicht bergab.

Heute war ein eher kurzer Tag, aber wir waren sehr dankbar dafür, denn irgendwie tat uns doch alles weh nach 2 langen Tagen mit schwerem Gepäck. Als wir uns um 16:00 Uhr ins Zelt legten, wurden wir so müde, dass wir bis 19:00 Uhr halb dösend liegen blieben. Wir putzten die Zähne, lieferten die Bärenkanister in angemessener Distanz vom Zelt ab, und legten uns wieder hin. Das Abendessen ließen wir ausfallen, viel zu müde… zzzzz

04.07.2024 – Tag 4: Die ersten 100 km sind geschafft!

Um 2:30 Uhr wachte ich auf, nahm eine Melatonin Tablette und schlief glücklicherweise noch einmal ein bis ca 5:30 Uhr. Als Tomasz auch aufwachte brachen wir das Lager ab und wanderten zurück in Richtung Harts Pass. Heute war der erste heiße Tag und schon auf dem ersten Anstieg mussten wir eine Pause einlegen. Die Sonne brannte vom Himmel und es war keine Wolke in Sicht. Mein linkes Knie hatte am zweiten Tag angefangen, ein wenig weh zu tun und wurde noch immer nicht besser. Die Schneefelder, die wir am ersten Tag überquerten, waren inzwischen geschrumpft und stellten kaum ein Hindernis mehr da.

Auf einer kleinen Lichtung legten wir eine Mittagspause ein und trockneten Zelt und Schlafsäcke in der Sonne. Ich traute mich zum ersten Mal an die „Mac n‘ cheese“, die in meinem Bärenkanister schlummerten, doch ich fand sie so eklig, dass Tomasz den Topf auslöffeln musste.

Die letzten 15 km zum Harts Pass erschienen endlos, doch eine Dusche und ein Bett waren in Aussicht und dienten als Ansporn. Die Luft war heiß und trocken, ich wechselte zwischen Atmen durch die Nase und Atmen durch den Mund, doch beides schmerzte und war unendlich trocken nach kurzer Zeit. Auch trinken half nicht. Eine Dame auf dem Trail hatte uns den Tipp gegeben, Vaseline in die Nasenlöcher zu schmieren, dann würden sie nicht bluten. Mit dem Hals funktionierte das wohl eher nicht so gut. Meine Erkältung hielt sich leider auch noch und machte das ganze nicht besser.

Als wir Harts Pass erreichten, waren wir auf der Suche nach einem Hitch in die Stadt. Die ersten 2 Autos hatten keinen Platz, doch ein junger Mann aus Seattle nahm uns mit. Er erzählte uns, seine Freundin sei letztes Jahr den PCT gewandert. Am Supermarkt in Mazama ließ er uns aussteigen. Wir bedankten uns und gingen die letzten 20 Minuten zu Fuß zum Lions Den zurück. Mein Knie war im Laufe des Tages schlechter geworden und freute sich auf eine Pause.

Im Lions Den trafen wir Silvio und Trail Angel Mary hatte ein Potluck vorbereitet, denn der 4. Juli war ein wichtiger Tag für die Amerikaner:innen. Der Tag der Unabhängigkeit, und der musste gefeiert werden. Es gab verschiedene Salate, Hot Dogs, Burger, Snacks und jede Menge hungrige Hiker.