Hallöchen! Ich gehe wieder einmal auf Wanderschaft und nehme euch mit. Herzlich willkommen zurück an alle Stammgäste und Neuzugänge dieses Blogs.
In diesem ersten Beitrag geht es noch gar nicht so sehr ums Wandern selbst, sondern um den Weg zum Wandern. Denn so einfach kommt man gar nicht an diese kanadische Grenze, wo für mich die Wanderung auf dem Pacific Crest Trail beginnt! Von Salzburg aus benötigt man da erst einmal zwei Züge, ein Flugzeug, 2 Busse, ein privates Shuttle und eine ganze Menge Geduld.
Ich kann noch immer gar nicht glauben, dass der große „Traum“ endlich wahr wird. Als ich vor vielen Jahren vom Pacific Crest Trail erfahren habe, war mir klar, das möchte ich irgendwann einmal machen. In der Oberstufe habe ich im (langweiligen) Englisch Unterricht Bücher über den Trail gelesen und mir ausgerechnet, wie viele Kilometer pro Tag ich wohl wandern müsste. Damals begann die Faszination fürs Weitwandern, die mich bis heute schon über abgelegene Pfaden an wunderschöne Orte gebracht hat. Doch was ist eigentlich dieser „Traum“? Ist es wirklich, die Strecke von Kanada nach Mexiko zu Fuß zurück zu legen, oder sich zu trauen, am Anfang des Weges zu stehen, und einen Fuß vor den anderen zu setzen? Helena vor 10 Jahren wäre mächtig stolz zu erfahren, dass ich mich überhaupt einmal traue, die Entscheidung zu treffen, die Wanderung wirklich zu starten und nicht nur davon zu träumen. Viel lässt man zurück für solch eine Wanderung: die gewohnte Umgebung, den Job, finanzielle Sicherheit… für mich ganz schön unheimlich. Wie lang der Weg dann auch sein wird, wohin er mich auch bringt, er wird es wert gewesen sein, jahrelang darauf gewartet zu haben.
26.-27.06.2024: Über Nacht nach Frankfurt und weiter nach Seattle
Das erste mal atmeten Tomasz und ich auf, als wir im Zug nach München saßen. Auf der Anzeigetafel im Salzburger Hauptbahnhof blinkten überall Verspätungen, doch unser Zug war nicht betroffen. Zuvor hatte Tomasz tapfer unseren gebrauchten 10€ Koffer über die Wiese hinter dem Haus getragen, bevor dann 100 m später sowieso eine Rolle kaputt ging. Naja, den Koffer brauchen wir sowieso nur für alles, was nicht ins Handgepäck darf: Taschenmesser, Wanderstöcke, Heringe (nicht die Fische), Gaskocher und so weiter. Die Wanderrucksäcke wurden akribisch abgemessen und sollten es durch die Handgepäckskontrolle schaffen, wenn da keiner zu genau schaut – ein bisschen quetschen geht notfalls auch.
Unser Zug kam mit einer moderaten Verspätung in München Pasing an und dann ging es zum Flughafen in Frankfurt. Es war 0:30 Uhr und wir versuchten zu schlafen, doch im hell beleuchteten Zug war das gar nicht so einfach. Um 5:00 Uhr erreichten wir wenig ausgeschlafen den Flughafen und da wir noch etwas zu früh für die Gepäckaufgabe waren, legten wir uns auf ein gemütliches Stückchen Fliesenfußboden für ein Nickerchen. Dann gaben wir das Gepäck auf, beteten, es würde ins richtige Flugzeug gepackt (heutzutage gibt es nicht mehr einen Schalter pro Destination sondern für alle von Lufthansa durchgeführten Flüge wird das Gepäck gemeinsam aufgegeben. Somit hofften wir nun doch sehr, dass der Koffer in Seattle ankommt, und nicht in New York, wie die Bordkarte der Reisenden neben uns verriet).
Die Handgepäcks-Kontrolle verlief mehr oder weniger reibungslos (das Stativ für meine Kamera wurde als gefährlich eingestuft aber dann doch durchgewunken) und für die Größe der Rucksäcke schien sich niemand zu interessieren. Wir waren eh fleißig dabei alles Konsumierbare zu verspeisen.
Also auf zum Gate und dann hieß es warten bis zum Boarding. Da hier auch alles reibungslos lief, möchte ich euch auch gar nicht weiter damit langweilen. Fast forward: Seattle!
Durch die Customs und Border Protection ging es für mich relativ geschmeidig, Tomasz wurde mit etwas mehr Fragen gelöchert. Wir nahmen einen Bus zum AirBnB und anschließend nach Seattle Downtown, um ein paar Dinge zu erledigen. Tomasz kaufte sich eine Prepaid SIM Karte, (ich habe eine eSIM) und wir statteten meinem Lieblings Outdoor Geschäft REI einen Besuch ab. Ich brauchte eigentlich nur eine Gas Kartusche, Tomasz war noch auf der Suche nach Baselayern, denn hier in Washington ist es doch etwas kälter als gedacht (ca. 4-5°C in der Nacht). Inzwischen war es 19:00 Uhr hier in Seattle, also für uns eigentlich 8 Stunden später! Und fielen fast die Augen zu beim Pizza essen, also entschlossen wir uns für ein Taxi nach Hause, statt eines langen Spaziergangs. Nach fast 24 Stunden ohne Schlaf und nur 4 Stunden in der Nacht davor fiel ich fast in Ohnmacht… Zzzzzzz
28.06.2024: Vorbereitungen
Nach einem schnellen Frühstück im AirBnB ging es für uns zur Amtrak Bus Station. Vorher statteten wir dem China Town District einen Besuch ab, gönnten uns einen Kaffee und ein süßes Gebäck , als 2. Frühstück sozusagen.
Anschließend nahmen wir den Bus nach Mount Vernon, wo der Trail Angel Dan Tomasz, einen Schweizer namens Silvio und mich abholte.
Ein Trail Angel ist eine Person, die Fernwanderern in allen möglichen Angelegenheiten hilft, die den Trail betreffen. Das könnte zB sein ein Shuttle anzubieten, eine kostenlose Unterkunft oder Verpflegung. Dan holte uns vom Bus ab, fuhr uns zum Supermarkt, ließ uns bei sich im Garten schlafen und fuhr uns am nächsten Morgen den ganzen Weg nach Mazama, zum Hiker Hostel Lions Den.
Der riesige Supermarkt war eine Reizüberflutung von Feinsten und ich kann euch ehrlich gesagt gar nicht sagen, wie lange wir uns dort drinnen aufgehalten haben, es würde mich nicht wundern, wenn es 2 Stunden gewesen wären. Die Rechnung am Ende: 434$, für 2 Resupplies für 2 Personen. Da möchte man sich eigentlich gar nicht mehr über die Preise in Österreich beschweren.
Washington ist einer der eher abgelegenen Bereiche des PCT, das bedeutet die Abschnitte zwischen den Trailtowns sind lang ( 7 Tage) und verfügen oft über keinen Supermarkt, deshalb müssen wir uns Resupply Pakete per Post senden und sie dann vor Ort abholen. Silvio hatte bereits 4 Pakete geplant, Tomasz und ich sendeten jeweils eines und ich sendete den Rest an Nahrung, die noch über war an den übernächsten Stop zusammen mit einem Paar Schuhen und ein paar Sachen die man immer wieder benötigt, eine so genannte Bounce Box (Bounce Box = ein Paket dass man an fast jedem Stop abholt, rausnimmt was man braucht, und wieder versendet zum nächsten Stop).
Das Planen und Einpacken dauerte fast den ganzen Abend. Eigentlich wollten wir noch gemeinsam kochen, aber dafür wurde es am Ende leider einfach zu spät. Um 21:00 holte uns doch unser Jetlag wieder ein und müde fielen wir ins Bett bzw. in unsere Luftmatratze im Zelt in Dans Garten.
29.06.2024: Nach Mazama
Um 4:30 Uhr klingelte der Wecker, denn um 5:30 Uhr brachen wir auf in Richtung Mazama. Dan gab uns während der Fahrt eine kleine Einführung in die Landschaft und wir machten einen kurzen Stop an einem Stausee.
In Mazama angekommen, lieferte Dan uns am Lions Den Hiker Hostel ab. Hier gibt es Platz zum Zelten und eine kleine Hütte mit Küche und Dusche für PCT hiker. Als wir ankamen, war fast niemand dort, doch später trudelten immer mehr Wanderer ein, die entweder von der Grenze zurück kamen, oder so wie wir, demnächst ihre Wanderung starteten. Als kleine Erklärung: Meander, ein Trail Angel im Lions Den fährt jeden Tag Hiker zu Harts Pass oder Rainy Pass. Von Harts Pass beginnen die meisten Hiker ihre Wanderung. 50 km zur kanadischen Grenze, dann zurück zu Harts Pass und weiter zu Rainy Pass. Einige kommen direkt nach Harts Pass zurück zum Lions Den, manche wandern direkt weiter. Das ist für euch alle vielleicht sehr verwirrend, aber wie auch immer, alle beschwerten sich über zu viel Schnee. Die meisten mussten früher oder später aufhören und kamen zum Lions Den zurück. So war es hier heute voll von frustrierten Wanderern, die alle überlegten, Washington komplett auszulassen und weiter nach Oregon zu fahren. Wir hatten die aktuelle Schnee Situation noch nicht gesehen und wollten uns lieber selbst davon überzeugen. Also ließen wir uns für morgen früh auf die Liste für Harts Pass setzen.
Silvio, Josh, Tomasz und ich nahmen nach dem Frühstück einen Bus nach Winthrop und kauften ein um später gemeinsam zu kochen. Dann machten wir eine kleine Wanderung auf einen Grat in der Nähe von Mazama. Als wir ins Lions Den zurück kehrten, waren eigentlich alle außer uns am überlegen, wie sie Washington so schnell wie möglich verlassen konnten. Wir schauten einander mit hochgezogenen Augenbrauen an, aber beschlossen morgen erst einmal zu starten und uns selbst davon überzeugen, wie schlimm der Schnee nun wirklich war.
Morgen geht es also los, ihr werdet nach den ersten 5 Tagen vermutlich wieder von mir hören!