Tag 18: Auf der Spitze Sloweniens
Wir teilten unser Zimmer im Aljazev dom im Vrata Tal mit den beiden Amerikanerinnen, die wir ein paar Tage zuvor in der Partyhütte kennengelernt hatten. Marijn und ich starteten allerdings früh, sodass wir keine Möglichkeit hatten, ihnen tschüss zu sagen. Um 6:00 Uhr verließen wir die Hütte und wanderten im Halbdunkel in Richtung Triglav. Der Weg führte zunächst noch relativ flach durch das Vrata Tal, bis er sich schließlich an der Nordflanke des Triglav Massivs steil hinaufschlängelte. Und mit steil meine ich 1500 m Höhe in 5 km Distanz. Wir legten Helm und Klettergurt an, denn der Weg beinhaltete einige versicherte und steile Passagen. Nach ein paar hundert Metern Aufstieg erstreckte sich hinter uns das wunderschöne und grüne Vratatal, in dem noch der Nebel des nächtlichen Regens hing. Die Sonne schien seitlich in das Tal und ließ die Wolken golden glänzen.
Wir stiegen und stiegen hinauf, der Weg war durchgängig steil und steinig, später überquerten wir einige Geröllfelder. Das gute Wetter das morgens hatte sich gegen 10:00 Uhr dann auch verabschiedet. Als wir die Hütte unter dem Triglav Gipfel erreichten (Triglavski dom na kredarici), war dieser leider schon wieder in den Wolken verschwunden. Wir wärmten uns kurz in der Hütte auf und diskutierten, ob wir Triglav heute oder morgen erklimmen sollten. Das Wetter war weder heute, noch morgen gut, also beschlossen wir nach einer ausgiebigen Pause noch hinaufzusteigen.
Wir ließen unsere Rucksäcke in der Hütte zurück und nahmen den Klettersteig zum Triglav Gipfel in Angriff. Von Anfang bis Ende kletterten wir in dichtem Nebel, die atemberaubenden Ausblicke blieben uns also vorenthalten. Der Aufstieg über den Grat war irgendwie auch weniger gruselig, denn man konnte gar nicht sehen, wie weit es links und rechts hinunter ging.
Auf dem Gipfel saßen wir eingemummelt in unsere Regenjacken und Handschuhe, in der Hoffnung, die Wolken würden doch wenigstens nur kurz einmal aufreißen. Nach einiger Zeit gaben wir die Hoffnung auf und kletterten wieder hinunter zur Hütte.
Distanz: 9 km; +1800; – 326
Tag 19: Der Flip-Flop
Bevor wir los wanderten erhaschte ich einen kurzen Blick auf die aufgehende Sonne, doch sie verabschiedete sich schnell wieder.
Wie immer starteten wir früh, doch wie schon gestern betrug die Sichtweite ungefähr 20 m. Wir stiegen vom Triglavski dom na kredarici ein paar hundert Meter hinab, als es plötzlich zu regnen begann. Noch dazu nahm der Wind erheblich zu und es wurde eiskalt. Marijn ging voraus und ich konzentrierte mich darauf, irgendwie warm zu bleiben. Der Wind peitschte und meine nasse Regenjacke klebte an meinem ebenfalls nassen Körper. So schnell wie möglich wanderten wir bis zur Koča na Doliču, die wir gegen 10:00 Uhr erreichten.
Der Regen hatte glücklicherweise wieder aufgehört und wir setzten uns in die Hütte, um bei einem Kaffee den restlichen Verlauf des Tages zu besprechen. Wir waren beide klitschnass und frustriert vom schlechten Wetter. Nun ja, dieses gehört nun einmal dazu, wenn man so lange in den Bergen unterwegs ist, doch es waren schon 6 Tage in Folge, ohne Aussicht auf Besserung. In den Karawanken hatten wir auf keinem einzigen Gipfel einen Ausblick gehabt, genau so im Triglav Nationalpark.
Wir hatten keinen Empfang in der Hütte und fragten die Wirtin nach dem Wetterbericht. Sie sagte uns, wir sollten heute definitiv nicht den für heute geplanten Bovški Gamsovec besteigen, und für morgen waren 60 mm Niederschlag angesagt. So oder so würden wir fest sitzen, für mindestens 2 Tage. Auch danach würde es regnen, aber immerhin nicht mehr so stark stürmen. Unsere morgige Etappe sollte 22 km lang sein, über zwei hohe Gipfel (Razor und Prisank, beide ca 2500 m) führen und das ohne Einkehrmöglichkeit oder Abkürzung. Nach gründlichem Abwegen der Möglichkeiten beschlossen wir nach Trenta abzusteigen und das Feld von hinten aufzurollen. Wir nahmen einen Bus nach Kranjska Gora, von dort fuhren wir nach Ljubljana und schließlich nach Ankaran – dem eigentlichen Endpunkt unserer Wanderung. Unser Plan war, am Meer zu starten und bis zurück zum Triglav Nationalpark zu wandern, in der Hoffnung, dann besseres Wetter zu haben.
In Ljubljana kaufte Marijn sich neue Socken und ein Taschenmesser. Anschließend aßen wir in einem veganen Restaurant zu Mittag und stiegen in den Bus nach Ankaran. Von hier hatten wir noch einen Fußweg von 25 Minuten bis zu unserem Hostel. Als wir aus dem Bus ausstiegen strömte uns warme Küstenluft entgegen. Es war schwül und noch um 19:30 sehr warm. Auf dem Spaziergang zum Hostel kamen wir ins schwitzen und freuten uns über eine kalte Dusche.
In der Nacht sammelte ich ungefähr 100 Mückenstiche auf meinem Körper an, doch auch das trübte nicht unsere gute Stimmung für den morgigen (Neu-)Start vom Meer!
Distanz: 21 km; +177 m; -2066 m