Helena Algermissen
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GR11 Abschnitt 9 – von Encamp nach Setcases

Tag 34: von Encamp zum Refugio Fontverd

Wir schliefen etwas länger, starteten gemütlich mit einem Kaffee auf dem Campingplatz in den Tag und besprachen währenddessen unsere heutigen Pläne. Jean-Marc und ich hatten genug Zeit, um die Wanderung abzuschließen und ich hatte seit 200 Kilometern keine Pause mehr gemacht, also entschieden wir heute nur einen halben Tag zu wandern. Dies erlaubte uns in Ruhe einzukaufen, unser Equipment zu trocknen und ein wenig die Stadt zu erkunden. Angi und Juan Pablo mussten in zwei Tagen Puigcerdá erreichen, also blieben sie nicht ganz so lange in Encamp wie wir. Gemeinsam fuhren wir mit dem Bus von Canillo nach Encamp, kauften uns frisches Obst, Joghurt und weitere Köstlichkeiten im Supermarkt und frühstückten neben einem Park in der Sonne. Anschließend suchten wir uns ein Café und tranken gemeinsam noch eine Tasse Kaffee und entspannten ein wenig, bevor für Angi und Juan-Pablo die Wanderung weiterging. Wir verabschiedeten uns bis Barcelona, wo die beiden wohnten und wir uns vermutlich wiedersehen würden.

Ein letztes Foto

Jean-Marc und ich faulenzten den Rest des Tages in einem Park, trockneten unser Equipment und ich nutzte die Chance, um meinen Blog zu aktualisieren.

Um 17:00 Uhr starteten wir los, um noch ca. 10 Kilometer zu wandern, bis wir einen geeigneten Platz zum Zelten ausfindig machen konnten. Direkt als wir Encamp verließen, führte der Trail steil und ohne Schonung für uns nun entspannten Wanderer über Stock und Stein bergauf. Nach gut einer Stunde erreichten wir einen See, der zwar hübsch anzusehen, aber überlaufen mit Touristen war. Sowas waren wir Pyrenäen-Überquerer – die sonst jeden Bergsee für sich hatten – nicht mehr gewohnt und wanderten schnell weiter, bis uns immer weniger Menschen entgegenkamen. Ich war etwas schneller als Jean-Marc und wanderte alleine voraus. Je weiter wir uns vom Parkplatz entfernten, desto ruhiger ind wilder wurde es, bis ich schließlich an einen Abgrund kam, von dem aus man das ganze Tal überblicken konnte. In der tiefstehenden Sonne sahen die Berge sanfter und noch schöner aus als sonst und die Kulisse wurde von einem lichten Kiefernwald ergänzt. Ich setzte mich hin und lies meinen Blick ein wenig schweifen. Es war angenehm warm in der untergehenden Sonne, die in das ganze Tal hineinleuchtete.

Nach einiger Zeit holte Jean-Marc mich ein und wir wanderten die letzten 1,5 Stunden gemeinsam bis zum Refugio Fontverd. Es war unbemannt und mit Betten ohne Matratzen ausgestattet, doch wir beschlossen unsere Zelte auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses aufzustellen. Inzwischen schliefen wir lieber in unseren Zelten, die unser kleines Zuhause geworden waren, als in einem Refugio oder Hotel – auch wenn letzteres hin und wieder ein angenehmer Luxus war, vor allem nach einem Gewitter oder einer Woche ohne Dusche.

Wir aßen in der untergehenden Sonne zu Abend und krochen in unsere Zelte.

Tag 35: von Refugio Fontverd nach Puigcerdá

Um 6:00 Uhr klingelte der Wecker, doch ich fühlte mich nicht besonders ausgeruht. Widerwillig schaltete ich die Kopflampe ein und frühstückte in meinem Zelt. Anschließend brach ich das Lager ab und wir starteten unsere Wanderung um 7:00 Uhr nachdem wir unsere Wasserflaschen im Fluss aufgefüllt hatten.

Nach gut einer Stunde musste ich anhalten, weil mein Fuß stark schmerzte. Erst dann fiel mir auf, dass ich vergessen hatte, Ibuprofen zu nehmen, also holte ich es nach und wartete bis die Wirkung eintrat.

Als ich weiterwanderte, verließ ich kurze Zeit später den Wald und überquerte eine Hochebene. Anschließend kletterte der Trail über schrofferes Terrain bis hinauf zum Refugio d‘Illa.

Jean-Marc und ich tranken einen Kaffee, nachdem ich mich über den unfreundlichen Angestellten des Refugios ärgern musste. Ich hatte zuvor im Ort 100€ abgehoben, und zwei 50€ Scheine bekommen. Als ich meinen Kaffee mit meinem 50€ Schein bezahlen wollte, sagte mir der Angestellte in einem sehr unfreundlichen Ton, er würde solches Geld nicht nehmen. Ich entschuldigte mich und sagte, ich hätte aktuell nichts anderes, worauf er mich anwies, ich solle doch bitte meinen Freund um Geld fragen. Jean-Marc gab mor 2,50€ in Münzen und ich kehrte zurück ins Refugio um meinen Kaffee zu bezahlen. Der Mann würdigte mich keines Blickes, also legte ich das Geld auf den Tresen und ging hinaus. Ohne mich anzuschauen sagte er mir, ich solle die Tür hinter mir schließen.

Als ich mich zu Jean-Marc setzte, sagte er mir, der Angestellte sei genau so unfreundlich zu ihm gewesen. Ich fragte mich, was er wohl davon hatte, so unfreundlich zu zwei GR11 Wanderern zu sein.

Wir tranken unseren Kaffee und wanderten weiter über einen Pass. Hier oben war es arschkalt und windig, also mussten wir eine weitere Schicht anziehen. Hinter dem Pass ging es entlang eines rauschenden Baches hinunter in ein Tal, von wo der GR11 sich über den nächsten Pass erhob. Hier war zum ersten Mal unser Ziel, das Cap de Creus ausgeschildert.

Zum Spaß fragte ich Jean-Marc ob seine Kopflampe geladen sei

Der Aufstieg auf den nächsten Pass war lang und anstrengend, über uns hingen dunkle Wolken am Himmel und ich war so hungrig, dass ich an nichts anderes als Essen denken konnte. Als wir einen geeigneten Platz fanden machten wir endlich eine Mittagspause und nahmen anschließend die nächsten 2 Stunden bis zum Refugio Malniu in Angriff.

Als wir dort ankamen, stießen wir mit einer Coke an und trafen Veronica, eine GR11 Wanderin aus Tschechien. Wir besprachen unsere Pläne für den Rest des Tages und Veronica teilte uns mit, dass sie überlegte, bis nach Puigcerdá zu wandern. Ich war skeptisch, da mein Fuß schmerzte, aber es war erst 17:00 Uhr, also mehr als genug Zeit für weitere 14 km. Jean-Marc war ebenfalls überzeugt von der Idee also wanderten wir als Trio in Richtung Puigcerdá.

Jean-Marc und Veronica

Der Abstieg war lang, zwar schlecht ausgeschildert, aber einfach zu gehen. Als wir eine Wasserquelle erreichten hielt ich meinen versehrten Fuß hinein. Das kalte Wasser linderte den Schmerz für immerhin eine weitere Stunde. Wir passierten zwei kleine Siedlungen. In einer von ihnen wurde gerade ein Bauernmarkt abgebaut. Ein Käseverkäufer sah uns und bot uns an ein Stück von seinem Käse zu probieren. Es war ein besonderer Ziegenkäse mit Trüffel und er schmeckte wahnsinnig lecker! Jean-Marc kaufte ein Stück und wir teilten es uns auf unseren letzten 3 km bis um Campingplatz.

Als wir den Campingplatz erreichten, wurde es langsam dunkel. Wir bauten die Zelte auf, teilten uns eine Waschmaschine – von der wir zu spät feststellten, dass sie auch Waschmittel benötigte, und setzten uns in das Restaurant. Zum Abendessen gab es Pizza und ein Radler.

Wir waren 35 km gewandert und gingen heute später ins Bett als gewohnt. Um kurz nach 0:00 Uhr schlief ich endlich ein.

Tag 36: von Puigcerdá zum Torrent de Montagut

Veronica, Jean-Marc und ich standen spät auf. Ich begann meinen Tag mit einer warmen Dusche und trocknete mich ab, indem ich unter dem Handtrockner hockte, da ich kein Handtuch hatte. Es funktionierte wunderbar und war schön warm. Anschließend brachen wir das Lager ab und wanderten 3 km auf einer Landstraße nach Puigcerdá. Jean-Marc und ich beschlossen, den Großteil des Tages hier zu verbringen, einzukaufen und unser Equipment zu trocknen, während Veronica weiter wanderte. Wir verabschiedeten uns von ihr und fanden ein gemütliches Café im Zentrum der Stadt. Hier gab es einen Cappuccino mit Hafermilch und ein Avocado Toast als zweites Frühstück. Anschließend erledigten wir unseren Resupply und fanden einen schönen See, an dem wir unseren Nachmittag verbrachten. Ich hielt meinen verletzten Fuß in das kalte Wasser, um ihn zu kühlen und anschließend verspeisten wir jede Menge frisches Obst im Schatten der Bäume.

Ach einiger Zeit kam Karin auf uns zu. Wir hatten sie seit Bensasque nicht mehr gesehen und dachten, sie sei weit voraus. Leider teilte sie und mit, dass sie die gesamte Strecke von Areu bis Puigcerdá nicht wandern konnte, da sie krank geworden war. Sie ging sogar ins Krankenhaus, wo man ihr sagte, sie hätte einen Virus und sollte sich ausruhen. Inzwischen blieb wirklich niemand verschont. Gemeinsam saßen wir auf der Wiese, tauschten uns über die letzten paar Tage aus und turnten ein wenig herum. Ich begann damit, Kopfstände zu üben (mehr oder weniger erfolgreich) und Karin zeigte mir, wie es richtig ging. Sie war wirklich gut darin! Am späten Nachmittag verabschiedete sie sich, um in ihr Hotel einzuchecken und als es zu regnen begann, suchten Jean-Marc und ich Schutz in einem Eiscafé. Ich kaufte mir drei Kugeln Eis, die leider nur mittelmäßig schmeckten und wir suchten uns eine gemütliche Sitzecke um das Gewitter auszuwarten.

Das üben wir noch (das Filmen auch)

Um kurz nach 17:00 Uhr machten wir uns auf den Weg um einen guten Zeltplatz am GR11 zu suchen. Wir wanderten ungefähr 3 Stunden bergauf durch den Wald, bis wir eine einigermaßen flache Ebene fanden, um die Zelte aufzubauen. Bereits eine Stunde nachdem wir Puigcerdá verlassen hatten, begann es zu regnen. Trotz Regenjacke war mein T-Shirt komplett durchnässt und ich startete einen kläglichen Versuch, es über Nacht auf meinem Zelt zu trocknen. Natürlich funktionierte es nicht.

Wir aßen gemeinsam zu Abend, Jean-Marc erzählte mir von einem Winter-Trip in Schweden, den er mit einem Freund gemacht hatte und ich hörte gespannt zu. Bei -30°C in der Nacht hat man eine ganz andere Art von Abenteuer. Ich lernte von ihm, dass man bei solchen Temperaturen einen Plastik Inlet für den Schlafsack benötigte, denn wenn man nachts schwitzte und der Schweiß in den Schlafsack zog, würde er gefrieren und die Daune nicht mehr wärmen. Was war ich froh, dass wir hier in den Pyrenäen nicht mit solchen lebensfeindlichen Temperaturen zu kämpfen hatten.

Viel zu spät baute ich mein Zelt auf und ging schlafen, lange nachdem es dunkel geworden war. Die Nacht war feucht und ungemütlich, ich schlief nicht besonders gut.

Tag 37: vom Torrent de Montagut nach Planoles

Um 6:30 Uhr wachte ich auf. Im Zelt war es feucht und kalt und ich versuchte beim frühstücken so gut es geht zu vermeiden die Wände des Zeltes zu berühren, an denen sich die Feuchtigkeit hielt. Nachdem die meine feuchte Ausrüstung im Rucksack verstaut war, baute ich das Zelt ab und wanderte los.

Der Weg führte durch einen Kiefernwald ein paar Kilometer bergauf bis zu einem Pass, auf dem ein paar Kühe grasten.

Es war ein wunderschön und kühl und ich genoss die Ruhe der frühen Morgenstunden. Als ich auf dem Pass eine Pause machte, schloss Jean-Marc zu mir auf. Anschließend führte der Trail hauptsächlich bergab durch feuchte Wiesen, an einem kleinen Wasserfall und passend zur Mittagszeit erreichten wir Planoles. Wir hatten schon 17 Kilometer zurückgelegt, also war es Zeit für eine richtige Pause. Wir fanden ein kleines Café und ließen uns dort nieder. Gegenüber gab es einen kleinen Supermarkt und ich kaufte eine riesige Paprika, einen Pfirsich und eine Avocado. Auf dem Marktplatz von Planoles breiteten wir unser feuchtes Equipment aus und aßen zu Mittag.

Als wir den Rest des Tages planen wollten überprüfte ich den Wetterbericht, welcher Regen für mindestens 24 Stunden voraussagte – na toll. Die Entscheidung war einfach, wir würden heute auf dem Campingplatz in Planoles bleiben und nicht in der Wildnis zelten.

Der Campingplatz lag etwas außerhalb der kleinen Stadt und gerade, als wir dort ankamen, machte das Personal eine Siesta. Also legten wir uns auf die Bänke im Picknick Bereich und entspannten ein wenig. Plötzlich wurde mir übel und ich bekam Bauchschmerzen. „Nicht schon wieder.“ dachte ich. Während wir hier lagen und warteten, zog sich der Himmel immer weiter zu und verdunkelte sich. Bald war das erste Donnergrollen zu hören.

Um 16:00 Uhr kam die Campingplatz Besitzerin von ihrer Pause zurück und wir checkten direkt ein und bauten die Zelte auf. Genau im richtigen Moment – gerade als wir fertig wurden, begann es stark zu hageln. Jean-Marc und ich setzten und in die Bar des Campingplatzes und schauten dem Spektakel von hier drinnen zu. Nachdem wir ein paar Stunden gequatscht hatten und meine Bauchschmerzen nicht besser wurden, verabschiedete ich mich und verzog mich in mein Zelt in der Hoffnung, mich morgen besser zu fühlen.

Tag 38: Zero Day

Ich hatte in der letzten Nacht wenig geschlafen und mein Zustand hatte sich verschlechtert. Also beschloss ich per Anhalter in den nächsten Ort zu fahren und einen Arzt aufzusuchen. Lea hatte wegen Verdacht auf Giardia ein Antibiotikum bekommen, und da wir am selben Tag krank geworden waren und erneut die gleichen Symptome aufwiesen, lag der Verdacht auf Giardia auch bei mir nahe.

Ich baute das Zelt ab, verabschiedete mich von Jean-Marc und stellte mich mit herausgestrecktem Daumen an den Straßenrand. Es dauerte nicht lange, bis mich jemand mitnahm und mich in Ribes de Freser aussteigen lies. Hier ging ich direkt zum Arzt, erklärte mein Anliegen und bat nach einem Antibiotikum. Die Ärztin war zuerst skeptisch, da sie mich ohne eindeutige Diagnose ungern behandeln wollte, allerdings hätte eine Stuhlprobe 5 Tage bis zum Ergebnis gebraucht. Letztendlich verschrieb sie mir das Antibiotikum und ich holte es in der Apotheke ab.

Anschließend kaufte ich mir Frühstück, eine neue Zahnbürste und Verpflegung für die kommende Wanderung.

Von Ribes de Freser fuhr ein Zug nach Nuria, dem nächsten Stop auf dem GR11, wo Jean-Marc heute Abend ankommen würde. Damit wir gemeinsam weiter wandern konnten und weil es in Ribes de Freser keine günstige Unterkunft gab, fuhr ich mit dem Zug nach Nuria. Gerade als ich das Ticket am Automaten lösen wollte rief jemand hinter mir „Helena?“. Lea kam strahlend auf mich zu und wir umarmten uns. Ich hatte ehrlich gesagt nicht damit gerechnet sie wiederzusehen, daher freute ich mich um so mehr über diese Überraschung. Die ganze Zugfahrt lang hatten wir uns viel zu erzählen und mussten zwei ganze Wochen Trail-Erlebnisse nachholen. In Nuria verabschiedeten wir uns bis später; Lea checkte in ihrem Hostel ein und ich ging zu einem kostenlosen Campingplatz oberhalb der Station. Ich fühlte mich immer noch mies und hier oben war es arschkalt, also suchte ich mir eine Bank in der Touristen Information und legte mich hin. Neben mir spielte ein Film über die Gegend, doch ich bekam davon nichts mit.

Nach einiger Zeit schrieb mir Lea, dass sie in die Cafeteria gehen würde und ich beschloss mich ihr anzuschließen. Ich hatte zwar starke Magenkrämpfe und keinen Appetit, doch essen musste ich trotzdem. Lea und ihre fröhliche Art waren eine wundervolle Ablenkung von meinem miserablen Zustand.

Irgendwann verabschiedete ich mich und legte mich ins Zelt um mich ein wenig auszuruhen. Ein paar Stunden später kam Jean-Marc auch in Nuria an und baute sein Zelt neben meinem auf. Anschließend gingen wir noch einmal hinunter zum Restaurant tranken einen Tee und quatschten ein wenig.

Als wir zu unseren Zelten zurück spazierten, war es extrem windig und kalt geworden. Mit all meiner Kleidung kletterte ich in meinen Schlafsack und hoffte, dass mein Zelt heute Nacht standhalten würde, welches sich im Wind bog und manchmal aussah, als würde es einfach wegwehen wollen.

Tag 39: von Nuria nach Setcases

Als ich aufwachte hatte sich der Wind gelegt, doch es war ziemlich frisch hier oben auf 2000 Metern Höhe. Zumindest im Liegen fühlte ich mich besser und beschloss das Zelt abzubauen und weiterzuwandern. Die heutige Etappe überquerte die zwei höchsten Pässe des GR11, war allerdings glücklichere nicht so anspruchsvoll wie die bisherigen im hochalpinen Bereich. Jean-Marc frühstückte im Restaurant und würde etwas später starten als ich. Das war vermutlich auch ganz gut, denn er würde mich sicherlich sowieso einholen.

Dick eingepackt in all meine Kleidung und der Daunenjacke oben drüber machte ich mich auf den Weg. Die Außentemperatur lag bei 1°C doch ich freute mich über ein wenig Abwechslung.

Die heutige Wanderung begann direkt mit einem Aufstieg und immer wieder bekam ich Magenkrämpfe und musste kurz anhalten. Ich machte viele Pausen, setzte mich hin, trank etwas Wasser mit Elektrolyten und kämpfte mich den ersten Pass hinauf.

Nach dem ersten Pass ging es ein kleines Stückchen bergab und schon folgte der zweite. Langsam wie eine Schnecke schleppte ich mich den schmalen Pfad hinauf, bis ich schließlich auf dem höchsten Punkt des GR11 stand. Erleichterung und Freude machten sich in mir breit und ich setzte mich ins Gras ohne meinen Rucksack abzusetzen. Von hier aus würde der Trail nie wieder soweit ansteigen und der anspruchsvollste und höchste Teil des GR11 lag nun hinter mir. Ich beobachtete die Umgebung, die Gipfel in der Nähe und jene in der Ferne, einen Blick auf das Mittelmeer konnte ich jedoch noch nicht erhaschen.

Nach meiner Pause begann ich mit dem Abstieg in ein grünes weites Tal, in dem die Kühe grasten. Von hier aus führte der Trail noch einmal hinauf über einen letzten Pass, bis er schließlich zum Refugio Ulldeter führte. Es war kurz nach Mittag als ich ankam und für meinen Geschmack waren hier zu viele Menschen, also bestellte ich mir eine Coke und suchte mir einen gemütlichen Platz im Gras abseits des Refugios. Ich legte mich hin, denn ich hatte noch immer Magenkrämpfe. Der Abstand zwischen den Krämpfen war zwar immerhin länger geworden, aber sie waren noch genau so schmerzhaft wie vorher, sodass ich manchmal ein leises Stöhnen von mir geben musste, um den Schmerz besser zu ertragen.

Nachdem ich ungefähr eine Stunde im Gras gelegen hatte, hörte ich jemanden rufen „Helena!“ es war Jean-Marc. Er stand auf dem Hügel, winkte mir zu und kam zu mir hinunter gewandert. Wir unterhielten uns kurz und anschließend schmiss er seinen Rucksack ins Glas und bestellte sich ebenfalls eine Coke.

„Leiden“ in urlaubsähnlichem Umfeld

Wir saßen ein wenig in der Sonne, aßen zu Mittag und schließlich kamen Karin und ihr Mann Robert am Refugio an. Wir quatschten ein wenig und Karin hab mit eine Packung Elektrolyte, als sie sah wie ich vergeblich versuchte mit einem Salzstreuer mein Wasser anzureichern.

Um kurz nach 16:00 Uhr verabschiedete ich mich und begann den letzten Abstieg nach Setcases. Bis auf sehr unangenehme Schmerzen in meinem rechten Fuß war der Abstieg weitestgehend ereignislos und da ich die letzten 4km auf einer Straße zurücklegte auch weniger anschaulich, als es für den GR11 üblich war.

Als ich Setcases erreichte steuerte ich direkt den Supermarkt an, um mir Abendessen zu kaufen. Ich kaufte ein Stück Käse, doch leider sprachen die Angestellten nicht besonders gut englisch und so erhielt ich am Ende fast ein Kilogramm. Immerhin schmeckte der Käse sehr lecker, ich hatte ihn zum Glück vorher probiert.

Jean-Marc kam schließlich auch in Setcases an und gemeinsam setzten wir uns auf eine Bank und verspeisten unsere Ausbeute. Anschließend wanderten wir ein Stück aus dem Ort heraus zu einem Wohnwagen Abestellplatz, wo wir kostenlos unsere Zelte aufbauen konnten.

Genug für heute

Ich legte mich früh ins „Bett“ in der Hoffnung, dass sich meine Magenkrämpfe bis morgen ein wenig verbessern würden.

Insgesamt zurückgelegte Distanz: 680 km

  1. Aug 29, 2022 7:53 pm

    Abschnitt 8 + 9 mit großem Interesse gelesen. Wunderbar dieser Teil mit dem kristallklaren See und dem Refugio, das so eine herrliche Aussicht zu bieten hat. Das mag auch für die z.T. doch argen körperlichen Strapazen entschädigen. Es ist auch immer wieder schön zu lesen, was für nette Leute du da kennen lernst. Man bleibt einfach nicht allein, wenn man das nicht möchte und sicherlich haben die Menschen, die sich da so treffen auch Vieles gemeinsam. Toll! Ich hoffe, es geht deinem Bein, deinem Fuß und deinem Magen-Darm-Trakt wieder besser. Es sind ja ein paar Tage ins Land gezogen. Wie lange wirst du nun noch unterwegs sein?