Tag 1: Cabo de Higuer – Ermita de san Anton
Nachdem der Flieger Jule bereits um 6:45 Uhr von Bilbao zurück nach Deutschland brachte, schliefen Alex und ich noch ein paar Stunden weiter, bis um 8:00 Uhr auch für uns der Wecker klingelte. Wir machten uns Frühstück im Zimmer des AirBnBs und packten unsere Sachen für die Wanderung – dann ging es auch schon los in Richtung Busbahnhof.
Als wir herausfanden, dass unser Bus ein wenig Verspätung hatte, bestellte ich mir noch schnell einen Kaffee und Alex ein Glas Orangensaft in einem Café direkt oberhalb des unterirdisch liegenden Busbahnhofs. Kurz darauf kam der Bus an, wir luden unsere Rucksäcke ein und schnappten uns zwei gute Plätze für die knapp zwei stündige Fahrt nach Hendaye. Der GR11 beginnt auf der spanischen Seite der Pyrenäen, genau genommen am Cabo de Higuer in Hondarribia. Da dorthin allerdings keine Busverbindung bestand, fuhren wir zuerst nach Frankreich und ließen uns anschließend mit einem Taxi zum Trailhead chauffieren.
Am Cabo de Higuer angekommen, mussten wir zunächst einmal nach dem offiziellen Start des GR11 suchen, dieser ist nämlich laut Trekking Guide nicht extra markiert und so starten die meisten Wanderer am Leuchtturm. Nach einer kurzen Inspektion der Umgebung fanden wir allerdings durchaus etwas, das man als offiziellen Start durchgehen lassen könnte:
Dann ging es auch schon los, vom Atlantik bis ans Mittelmeer, einmal über die Pyrenäen!
Zunächst ging es dicht an der Küste entlang, bis der Weg endlich in ein kleines Wäldchen führte, das uns Schatten spendete. Unser später Start am frühen Nachmittag sorgte für eine ordentliche Anstrengung während des Wanderns in der Sonne bei rund 30°C, also legten wir recht schnell eine Mittagspause unter dem Dach der Baumwipfel ein.
Anschließend passierten wir das kleine und hübsche Örtchen Hondarribia, füllten unsere Wasserflaschen auf und folgten den rot- weißen Streifen, die den GR11 markierten. Nach gut 1,5 Stunden erreichten wir Irun, eine weitere kleine Stadt direkt an der spanisch-französischen Grenze. Hier gab es einen kleinen Supermarkt also kauften wir uns frisches Obst als Wegzehrung, bevor wir die Zivilisation vorerst verließen. Der GR11 zweigte von der Straße ab und führte steil einen Hügel hinauf. Die Hitze machte den Anstieg sehr viel anstrengender, als er eigentlich sein sollte und als wir nach gut einer Stunde oben ankamen, füllten wir direkt unsere Wasserflaschen wieder auf.
Von hier aus ging es ein paar Kilometer bergauf und bergab mit weitläufigen Blicken über die Hügel in der Umgebung und den atlantischen Ozean hinter uns, der immer weiter in die Ferne rückte.
Umringt von tropisch aussehenden Bäumen und saftig grünem Farn, der hier im Basquenland durch die hohe Luftfeuchtigkeit gedieh, stiegen wir knapp zwei Stunden bis zum See Embalse de Endara ab. Zwischen dem See und den Bergen saß eine kleine Kapelle, die kaum unter den Baumwipfel hervorlugte. Hier gab es fließend Wasser, also beschlossen wir, das Lager aufzuschlagen. Doch zuerst schwammen wir natürlich eine Runde im See!
Das kühle Nass fühlte sich wunderbar an nach diesem langen und heißen Tag. Wir ließen uns treiben, schwammen ein wenig umher und genossen das Wasser bis die Sonne schließlich hinter dem Berg verschwand.
Uns beiden knurrte schon lange der Magen, doch das Abendessen musste warten, bis wir trocken und sauber waren. Wir packten unseren Kocher aus, schraubten ihn auf die Gaskartusche und öffneten das Ventil. Ein winziger Funke aus dem Feuerzeug reichte aus und schon konnten wir kochen. Es gab Linsen mit Curry, Spinat und Cashewkernen für mich und für Alex noch eine Portion Reis dazu. Es war der erste Tag auf dem Trail, wir beide waren in Sachen Trailküche scheinbar etwas aus der Übung und so brannte ich kurzerhand meine Linsen im Topf an und Alex ließ seine Mahlzeit explosionsartig überkochen, sodass er anschließend sogar die Kartusche im See waschen musste.
Anschließend wuschen wir die Töpfe, putzten uns die Zähne und bauten unsere Zelte auf. Da es inzwischen recht spät geworden war, legten wir uns schlafen. Nach kurzer Zeit hörte ich ein leises Schnarchen aus dem Nachbarzelt, doch ich brauchte noch einige Zeit um einzuschlafen,
Tag 2: von der Ermita de san Anton zum Narbalaz Joch
Da wir gestern erst spät ins Bett bzw. in den Schlafsack gekommen waren, ließen wir uns heute morgen noch etwas Zeit. Als wir schließlich aus unseren Zelten gekrochen waren, brachen wir das Lager ab und frühstückten. Für mich gab es Müsli mit Hafermilch und für Alex Cold-soak-oats mit Schokogeschmack und einen Koffein-Kakao der seiner Meinung nach nicht besonders überzeugend schmeckte. Ich konnte über mein Müsli nicht meckern, aber über eine Tasse Kaffee hätte ich mich auch gefreut. Nun ja, man kann ja nicht alles haben.
Nach dem Frühstück packten wir alles ein und machten uns auf den Weg. Der GR11 führte zunächst durch einen Wald bergauf und flachte schließlich ein wenig ab. Wir wanderten an der Flanke eines Hügels entlang und ließen den Blick über die Berge schweifen die sich vor uns in die Ferne erstreckten und darauf warteten erklommen zu werden.
Wir wanderten ein wenig auf dem Plateau entlang bis es schließlich bergab nach Bera ging. Um ca. 11:00 Uhr erreichten wir den kleinen Ort und machten direkt den Supermarkt ausfindig. Hier kauften wir uns Joghurt, frisches Obst, Süßigkeiten, Milchreis, eine Packung Chips und natürlich Wasser.
Nachdem der Einkauf verzehrt war, saßen wir noch ein wenig im Schatten und drückten uns vor der brennenden Sonne. Es hatte über 30°C und mir lief schon der Schweiß von der Stirn, sobald ich nur einen Fuß anhob. Außerdem gab es noch ein kleines Problemchen zu lösen: ich war allergisch gegen ein Material in meinem Sport BH den ich in Amerika gekauft hatte, weil mein alter, welcher schon Slowenien überlebt hatte, leider komplett durchlöchert war. Da ich nun einen neuen brauchte, versuchte ich einen Campingplatz entlang des GR11 ausfindig zu machen, den wir in ungefähr 4-5 Tagen erreichten, um eine Bestellung an diese Adresse liefern zu lassen. Ich rief beim Campingplatz Osate an, doch leider sprach dort niemand Englisch, also gab ich schnell wieder auf. Alex schlug vor, ich könnte ja jemanden fragen, ob er für mich den Dolmetscher übernehmen würde, also sprach ich eine Gruppe von Mädchen an und erklärte mein Anliegen. Sie verstanden wenig Englisch aber nach einiger Zeit wussten sie, was wir wollten und versuchten den Anruf durchzuführen. Nach drei Anläufen hatte es geklappt und es war ersichtlich, dass es nicht gerade einfach war, dem Mann am Telefon klarzumachen, was wir wollten. „He will take the package!“ sagten sie und legten auf. Also sendete ich die Bestellung ab und hoffte, dort in 4-5 Tagen meinen Sport BH in Empfang nehmen zu können.
Nun konnte es mit der Wanderung weitergehen. Als wir den uns vor der Sonne schützenden Schatten verließen, traten uns direkt Schweißperlen auf die Stirn; 33°C und keine Wolke am Himmel! Und noch dazu ging es steil bergauf auf den Berg Santa Barbara. Nach kurzer Zeit hängte Alex mich ab und wartete auf der Spitze unter einem Baum auf mich. Ich setzte mich schweißgebadet zu ihm und wir beschlossen, eine weitere Pause zu machen. Es war einfach zu heiß und dieser eine Anstieg hatte uns schon fast ans Ende unserer Kräfte gebracht.
Nach gut einer Stunde wanderten wir weiter, leicht bergauf und bergab, schließlich durch den Wald, in dem es angenehm kühl war. Wir passierten ein paar Bauernhöfe und wanderten noch gut 3 Stunden so weiter, bis wir um kurz nach 19:00 Uhr knapp hinter dem Narbalaz Joch einen guten Platz zum Zelten fanden. Hier gab es einen Wasserschlauch, Bänke und Schatten! Wir stellten die Rucksäcke ab und duschten uns ab. Alex spritze mit dem Wasserschlauch direkt auf mein in der Sonne trocknendes T-Shirt, sodass ich kreativ werden und etwas neues zum anziehen finden musste. Mein Mikrofaserhandtuch konnte zu einem rückenfreien Top umfunktioniert werden, indem ich es in meine Halskette steckte – das war besser als nichts.
Gerade als wir beginnen wollten zu kochen, kam ein Wanderer vorbei. Zum Glück würdigte er meiner interessanten Oberteilskonstruktion keines weiteren Blickes und erzählte uns er sei heute erst aus Hendaye gestartet und schon 36 km gewandert. Dass er nicht in Hondarribia startete hieß, dass er den HRP (Haute Randonée Pyrenées) wanderte, eine höhere Bergsteigerroute und nicht den GR11. Der Mann war recht gesprächig und erzählte uns von anderen Trails die er schon absolviert hatte. Nach dem Gespräch verabschiedete er sich, denn er wollte heute noch 10 weitere Kilometer wandern.
Wir verspeisten unser Abendessen und ich dehnte noch ein wenig meine müden Muskeln bevor ich das Zelt aufbaute. Da wir morgen früher starten wollten, um den Großteil der Strecke am Morgen zurückzulegen bevor es richtig heiß wurde, legten wir uns schon ins Zelt. Die Sonne ging jedoch erst um kurz vor 10 unter und somit war es schwierig bei dieser Helligkeit einzuschlafen. Außerdem schien die tief stehende Sonne direkt in mein Zelt und ich schwitzte und klebte an meiner Isomatte. Nach einiger Zeit holte ich meinen Buff aus dem Rucksack und zog ihn mir übers Gesicht. Somit war es immerhin dunkel und das einschlafen klappte etwas besser.
Tag 3: vom Narbalaz Joch nach Elizondo
Der Wecker klingelte um 6:00 Uhr und die Sonne war noch nicht aufgegangen, allerdings war es hell genug, um ohne Kopflampe auszukommen. Wir frühstückten, packten unsere Sachen und zogen los. Zunächst ging es bergauf und dann an der Flanke eines Berges entlang, der vielen Schafen und Ziegen ein Zuhause bot. So früh morgens war das Wandern angenehm und wir schafften den größten Teil des Aufstiegs noch bevor es richtig heiß wurde.
Kurz vor 12:00 erreichten wir ein paar Picknick Tische, die von einer Pferde-Familie bewacht wurde. Als wir näher kamen, wichen sie jedoch zurück und machten uns Platz. Ich marschierte zum Wasserhahn, drehte ihn auf und schon kamen die drei Pferde zu mir. Sie schienen durstig zu sein, also ließ ich das Wasser ein wenig laufen. Anschließend setzte ich mich zu Alex an den Tisch und wir machten uns ein schnelles Mittagessen.
Gut gesättigt setzten wir uns in Bewegung und nahmen uns den letzen Abstieg nach Elizondo vor. Durch den Wald ging es stetig bergab auf einem Trail der von starken Regenfällen ausgewaschen war. Nach gut 1,5 Stunden erreichten wir die kleine Stadt und marschierten direkt zum Supermarkt, um uns ein Eis zu kaufen. Auf dem Weg hatten wir gesehen, dass ein Schwimmbad ausgeschildert war, also beschlossen wir, den Nachmittag im Freibad zu verbringen. Zwar hatte niemand von uns Badekleidung dabei, aber wir schwammen einfach in Unterwäsche bzw. ich mit meinem Shirt – so wurde es auch gleich wieder sauber.
Das Wasser fühlte sich toll an, man fühlte sich so schön leicht verglichen mit dem schweren Gewicht unserer Rucksäcke, die wir den ganzen Tag auf dem Rücken trugen. Wir tauchten eine halbe Bahn, Alex kontrollierte die Qualität meiner Kraultechnik – die scheinbar nicht so schlecht war wie erwartet – und machten Handstände im Wasser. Hier fühlte sich alles so schön schwerelos an, während die Gravitation doch tagtäglich unser Feind war bei unserem Auf- und Abstiegen.
Anschließend legten wir uns noch ein wenig zum trocknen in die Sonne. Als unsere Kleidung wieder einigermaßen trocken war, marschierten wir weiter. Alex hatte und für heute Nacht ein Hostel gebucht (für nur 15€), das etwas außerhalb der Stadt lag. Doch zuerst mussten wir noch für die nächsten Tage auf dem Trail einkaufen.
Wir erreichten das Hostel und sprangen schnell erst einmal unter die Dusche. Außerdem nutzen wir auch gleich die Gelegenheit, um unsere Kleidung zu waschen. Dabei begangen Alex und ich direkt beide den gleichen Fehler: Wir wuschen all unsere Kleidung, und somit blieb nichts mehr zum anziehen übrig. Ich lugte aus der Tür des Waschraums heraus und als die Luft im Korridor rein war, lief ich zurück zum Zimmer, meine Kleidung so gegen mich gepresst, dass man zumindest von vorne nichts sehen konnte. Alex lag schon auf dem Bett und teilte mir mit, dass er ebenfalls nichts zum anziehen hatte, und das „Adamskostüm“ trug (ein Bettlaken). Ich tat es ihm gleich, hängte meine Kleidung zum trocknen in die Fensterbank und wickelte mich ebenfalls in die Bettwäsche ein – Problem gelöst.
Am Abend gingen wir noch zur „Pizzeria Gloria“, einer kleinen Pizzeria neben dem Fluss in Elizondo. Als wir dort ankamen, hatte die Küche noch nicht geöffnet, also bestellten wir uns ein Getränk und spielten Mau-Mau bis wir endlich unsere lang ersehnte Pizza bestellen konnten. Alex bestellte sie übrigens sogar auf spanisch!
Bisher zurückgelegte Distanz: ca. 65 km