Helena Algermissen
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Slovenian Mountain Trail – Abschnitt 6

Tag 16 – 18

Tag 16: Vom Aljazev dom zum Triglavski dom na Kredarici

Um 4:00 Uhr in der Früh stand ich auf, um zunächst meine Sachen zu packen, zu frühstücken und mich auf den Weg zu machen. Gestern Abend sagte mir jemand auf der Hütte, dass es vermutlich ein Gewitter am Nachmittag geben würde, also legte ich alles daran, schon vorher auf die Hütte zu kommen. Ausgerüstet mit meiner Kopflampe, in deren Schein mein Atem durch die Kälte sichtbar war, machte ich mich auf den Weg durch die Dunkelheit und in Richtung Triglav (2863 m), dem nächsten Berg Sloweniens. Vor diesem Tag hatte ich wirklich Angst und großen Respekt, denn es war ein anspruchsvoller Aufstieg von 1500 hm (1800 hm bis auf den Gipfel, der aber eigentlich erst für morgen vorgesehen war). Aufgrund meines frühen Startes sah ich nicht viele Menschen auf dem Trail. Eine Gruppe von 3 Leuten wanderte vor mir und nach ungefähr 2 Stunden holte ich einen slowenischen Mann ein. Der Aufstieg war anstrengend und mein Rucksack war mit dem Kletterequipment nun sehr viel schwerer, sodass ich langsamer voran kam und manchmal sogar Schwierigkeiten hatte, die Balance zu halten. Dennoch erreichte ich die Hütte relativ schnell: Nach etwas mehr als 4 Stunden war ich schon oben.

Ein wahnsinniger Ausblick zurück
Mal wieder eine Kletter-Stelle

Ich stieg an der Nordwand des Triglav hinauf, wodurch es die ganze Zeit angenehm kühl war. Die ersten Sonnenstrahlen erblickte ich erst, als ich das erste Plateau erreichte. Hier oben lag noch viel Schnee und ich konnte einige Bergziegen beobachten, die sich von mir allerdings nicht sonderlich gestört fühlten.

Auf dem Plateau kurz vor der Hütte

Der Aufstieg war zum Glück wirklich nicht so schlimm, wie erwartet. Es war auf jeden Fall anstrengend, aber nicht anspruchsvoller als die Wanderungen in den Kamnik-Savinja Alpen.

Eigentlich hatte ich geplant, sogar noch auf den Gipfel zu steigen, allerdings war er komplett von Wolken verhangen, also beschloss ich zu warten, um später auch die Aussicht genießen zu können. Ich betrat die Hütte (auf der es unglaublich kalt war), bestellte mir etwas zu essen und einen Tee.

Einige Stunden später war der Triglav noch immer in den Wolken versunken, also entschied ich heute nicht mehr hinauf zu gehen. Der Gipfel war ohnehin für morgen geplant und der Wetterbericht war auch weitaus vielversprechender. Also verbrachte ich viele einsame Stunden auf der Hütte. Leider hatte ich irgendwann auch mein Buch zu Ende gelesen, also gab es wirklich nicht besonders viel zu tun. Diese Hütte unterschied sich vor allem dadurch von den anderen, dass sie riesig groß war. Hier konnten 200 Menschen schlafen, weshalb alles irgendwie unpersönlich wirkte und man kaum mit jemandem ins Gespräch kam. Noch dazu war niemand anders allein unterwegs und es ist immer schwieriger mit einer großen Gruppe ins Gespräch zu kommen. Ich entschied, für mich zu bleiben und kaufte mir ein neues Buch. Dennoch war es einer meiner einsamsten Tage auf dem Trail – und das, obwohl ich unter so vielen Menschen war. Innerlich sehnte ich mich nach längeren Tagen und mehr Zeit auf dem Trail.

Zurückgelegte Distanz: 5 km, 1500 hm Aufstieg; gesamte Distanz auf dem SMT: 250,5 km

Tag 17: Vom Triglavski dom na Kredarici auf den Triglav und zum Pogačnikov dom na kriških podih

Um 5:00 Uhr stand ich auf, um nun endlich den Triglav zu besteigen. Während im Lager noch viele Leute schliefen, legte ich leise mein Klettersteigset an und verließ die Hütte. Irgendwie war ich aufgeregt: ein Klettersteig, und dann noch in der Dunkelheit mit Kopflampe. Es dauerte nicht lange, bis sich das klettern wieder ganz natürlich anfühlte und meine Aufregung der Begeisterung wich. Langsam ging die Sonne auf und hüllte die Bergsilhouette in einen leichten rötlichen Schimmer, der sich immer weiter ausbreitete. Genau als ich den Gipfel erreichte, ging die Sonne richtig auf. Es war ein wunderschöner und klarer Morgen, man konnte in alle Richtungen sehen.

Der Aufstieg

Nachdem ich einige Zeit lang den Ausblick genossen hatte, machte ich mich wieder auf den Weg zur Hütte. Ich hatte für den Aufstieg auf den Triglav meinen Rucksack in der Hütte gelassen uns das Zimmer musste bis 8:00 Uhr geräumt sein. Also holte ich mein Gepäck und begann in Richtung Koča na Dolici zu wandern. Je weiter ich mich vom Triglav entfernte, desto weniger Wanderern begegnete ich, bis ich schließlich wieder komplett alleine war. Es war wunderschön und ruhig und ich erreichte die Koča na Dolici bereits um kurz nach 10:00 Uhr. Eigentlich war das bereits das Ende der vorgeschlagenen Tagesetappe, doch ich fühlte mich voller Energie um bis zur nächsten Hütte zu wandern, die 5 1/2 bis 6 Stunden entfernt lag.

Zwischen dem Triglavski Dom und der Koča na Dolici

Auf der Koča na Dolici bestellte ich mir eine Suppe, füllte meine Wasserreserven auf und wanderte weiter. Der Weg war wunderschön und ich war froh über meine Entscheidung. Ich sehnte mich so sehr nach längeren Tagen und Strecken, allerdings ist das bei den enormen Höhenunterschieden nicht immer einfach. Wenn man 20 km wandern will, muss man auch die damit verbundenen Höhenmeter in Kauf nehmen, und das können hier sehr schnell mal 2000 pro Tag sein ( siehe gestern: 1500 hm auf 5 km Distanz). Also blieben die täglichen Strecken vorerst kurz, zumindest solange ich noch den Triglav Nationalpark durchquerte.

Mein nächstes Ziel war nun der Gipfel Bovški gamsovec (2392 m). Doch um diesen zu erreichen, musste ich erst einmal ins Tal hinabsteigen und dann wieder hinaufwandern. Der Abstieg war angenehm – in Serpentinen wand sich der von Blumen gesäumte Pfad an der Felswand entlang bis ins Tal. Anschließend ging es wieder hinauf zum Luknja Pass, wo der SMT in Richtung Bovški gamsovec abzweigte.

Nach ungefähr 1,5 Stunden erreichte ich schließlich den Gipfel, wo ich erneut von atemberaubenden Ausblicken belohnt wurde.

Triglav im Hintergrund

Von hier ging es nun noch einmal 1,5 Stunden hinab bis zur Hütte. Ich war etwas nervös, als ich ankam, denn da ich einen Tag früher hier war, als geplant, hatte ich keine Reservierung. Ein Angestellter sagte mir, ich würde zwar kein Bett bekommen, aber ich könnte definitiv dort übernachten. Erleichtert bestellte ich mir ein Stück Kuchen und genoss den Ausblick.

Übrigens brauchte ich gar keine 5-6 Stunden für die 2. Etappe – es waren gerade einmal 4 1/2. Somit hatte ich noch viel Zeit, meine Beine zu entspannen. Ich wäre sogar gern weitergegangen, aber die nächste Etappe sollte 9 Stunden lang sein, und dazwischen lag auch keine weitere Hütte. In 2 Tagen würde ich allerdings den Triglav Nationalpark verlassen, wo es wieder etwas flacher werden sollte, also könnte ich vielleicht wieder länger wandern.

Nachdem ich mein Stück Kuchen gegessen hatte, beschloss ich, meine Unterwäsche zu waschen. Gerade als ich auf dem Weg in die Hütte war, sah ich einen jungen Mann mit einem Buch über den Slovenian Mountain Trail – er hatte das gleiche Buch wie ich, das erkannte ich sofort! Diese Chance konnte ich mir nicht entgehen lassen. Mit meiner Unterhose in der Hand ging ich auf ihn zu und fragte ihn, ob er den ganzen Trail wandern würde, und er sagte ja! Sein Name war Han (jedenfalls war es das, was ich verstand) und er wanderte sogar nicht einmal alleine, sondern zusammen mit einer slowenischen jungen Frau namens Veronika. Die beiden trafen sich auch auf dem Trail und wanderten seitdem gemeinsam. Er selbst war aus Holland und hatte bis dahin wenig Bergerfahrung und noch dazu einen 20 kg Rucksack, dennoch hatte er schon fast 300 km geschafft und ich zweifelte nicht daran, dass er alles schaffen würde. Wir unterhielten uns recht lange, bis mir irgendwann einfiel, dass ich noch meine Unterhose in der Hand hielt, also entschuldigte ich mich um kurz zu waschen. Als ich wieder zurückkehrte, war seine weibliche Wanderbegleitung auch da und wir setzten uns zusammen vor die Hütte. Die beiden waren schon im Juli gestartet, also schon länger unterwegs und gingen etwas langsamer. Dennoch war ich unglaublich froh endlich andere Wanderer auf dem Trail zu treffen. Sie waren die ersten beiden anderen, die wirklich den ganzen Trail wanderten!

Kurze Zeit später ging ich in die Hütte, um mir Abendessen zu bestellen, und dort erwartete mich gleich die nächste Überraschung: die 4 slowenischen jungen Männer, die mich mit dem Auto von Mojstrana zum Aljazev dom mitgenommen hatten, waren auch da! Ich hatte nicht damit gerechnet, sie noch einmal wiederzusehen, also setzte ich mich zu ihnen. Sie spendierten mir eine Rotwein-Cola-Mische und wir unterhielten uns ein wenig. Wie auch auf der Autofahrt war es unglaublich lustig mit ihnen!

In sehr guter Gesellschaft ging der Abend also ziemlich schnell dahin. Da ich allerdings keine Reservierung für die Hütte hatte, bzw. einen Tag zu früh dort war, musste ich auf dem Boden schlafen – genau so wie Han und Veronika. Das Personal auf der Hütte war sehr nett und hatte kein Problem damit, außerdem mussten wir nur 6€ zahlen – eine win-win-Situation

Unser Schlafplatz

Zurückgelegte Distanz: 12,5 km, 1267 hm Aufstieg, 1725 hm Abstieg; gesamte Distanz auf dem SMT: 263 km

Tag 18: vom Pogačnikov dom na kriških podih nach Vršič

Ich wachte bereits früh auf, doch blieb noch bis kurz vor 6:00 Uhr in meinem Schlafsack, um die anderen nicht zu wecken. Dann ging ich hinunter, um zu frühstücken, da meine Nutella-Tortilla-Vorräte leider bereits zum Erliegen gekommen waren. Anschließend packte ich meinen Rucksack und wanderte los. Veronika und Han waren bereits unterwegs, doch da ich sehr viel schneller wanderte als sie, holte ich die beiden nach kurzer Zeit ein. Heute sollte ein sehr langer Tag werden, laut meinem Buch sogar der härteste Tag auf dem SMT mit bis zu 11 Stunden! Das erste Ziel war der Gipfel Razor ( 2601 m), doch weil einer nicht genug war, stand für heute noch der Prisojnik (2547 m) auf dem Plan. Gut, dass man um von einem zum anderen gelangen zu können einmal komplett ins Tal absteigen muss, um wieder herauf zu wandern. Es musste schon einen Grund haben, dass der Tag 11 Stunden dauern sollte!

Schöne Morgenstimmung auf dem Trail mit Triglav im Hintergrund

Der Aufstieg auf Razor war unglaublich schön, aber auch sehr anspruchsvoll mit ein paar Kletterpassagen. Für den Ausblick hatte es sich aber auf jeden Fall gelohnt. Razor war von nun an mein Lieblingsberg auf dem SMT!

Han, Veronika und ich auf dem Gipfel

Auf dem Gipfel erhielt Veronika einen Anruf. Sie sprach auf Slowenisch, daher konnten wir nicht verstehen worum es ging, aber wir konnten hören dass sie weinte. Als sie aufgelegt hatte, fragten wir, ob alles okay sei, worauf sie mit nein antwortete. Ein Bekannter von ihr (genauer ein Freund eines Freundes) war gestern an der Nord-Wand vom Triglav bei einem Unfall ums Leben gekommen. Diese schockierende Nachricht hatte sie jetzt erst erreicht, da wir gestern alle die meiste Zeit über keinen Empfang hatten. Tatsächlich hatte ich gestern sogar den Helicopter gesehen, der im Einsatz war. Ich befand mich gerade auf dem Aufstieg zum Bovški gamsovec, direkt gegenüber vom Triglav. Natürlich hatte ich zu diesem Zeitpunkt nicht wissen können, was passiert war. Dieses Ereignis erinnerte uns wirklich daran, wie gefährlich das was wir täglich machten sein kann – selbst mit viel Bergerfahrung.

Wir warteten noch ein wenig bis Veronika bereit war um weiterzugehen und machten uns auf den Weg ins Tal. Der Abstieg dauerte ewig und war eine echte Herausforderung für die Knie. Um 11:00 waren wir endlich unten angekommen und machten eine Mittagspause im Schatten der Bäume.

Wohl-verdiente Mittagspause

Anschließend ging es wieder hinauf, diesmal auf den Gipfel Prisjonik. Der Weg führte zunächst über eine Wiese extrem steil bergan. Wir mussten über viele umgefallene Bäume klettern und sehr genau nach den Wegmarkierungen suchen und insgesamt sah der Weg nicht gerade danach aus, als würde oft jemand dort entlang wandern. Nach etwa einer Stunde erreichten wir einen richtigen Bergweg und es ging weiterhin steil hinauf. Insgesamt dauerte der Aufstieg fast 3 Stunden und wir waren alle 3 ziemlich erschöpft. Ich würde sogar sagen, es war mein anstrengendster Aufstieg bisher. Woran es lag wusste ich nicht genau, denn eigentlich hatte ich schon viel längere und schwerere Touren absolviert. Als wir am Gipfel ankamen, blieben uns die Ausblicke jedoch leider erspart, da der Berg in eine riesige Wolke gehüllt war. Wir gaben uns jedoch trotzdem ein High-five und machten eine Pause. Lange bleiben konnten wir allerdings nicht, weil es wirklich kalt dort oben war.

Ungefähr so fühlte ich mich nach dem Aufstieg

Anschließend mussten wir allerdings durch den Nebel über einen Grat wieder hinabsteigen – eine eher unangenehme Angelegenheit

Der Abstieg

Es dauerte bestimmt 2 1/2 Stunden bis wir endlich unten ankamen und der Weg war wirklich anspruchsvoll. Noch dazu war für abends ein Gewitter angesagt und ich wollte um jeden Preis zu diesem Zeitpunkt schon auf der Hütte sein. Letztendlich schafften wir es rechtzeitig, doch die komplette Wanderung hatte 11 Stunden gedauert und war somit meine längste auf dem SMT!

Als wir die Hütte erreichten, stießen wir auf die harte Wanderung an. Doch für die nächsten Tage hatten wir wieder verschiedene Pläne: Veronika würde (vermutlich wegen des Vorfalls am Vortag) für einen Tag nach Hause fahren und für mich würde es nach Kranjska Gora gehen, um Jernej sein Klettersteigset per Post zukommen zu lassen und um einzukaufen. Han würde ganz normal weiter wandern wie geplant.

Zurückgelegte Distanz: 13,5 km, 1390 hm Aufstieg, 1730 hm Abstieg; gesamte Distanz auf dem SMT: 276,5 km

  1. Aug 23, 2021 10:43 am

    Jetzt hast du erst knapp die Hälfte der Strecke zurückgelegt und schon so viel erlebt. Ich lese deinen Blog total gerne. Sehr, sehr traurig, dass der Bekannte von Veronica tödlich verunglückt ist!

    • Aug 23, 2021 11:06 am

      @Katrin Woelk

      Ich habe zwar die Hälfte der Strecke, aber schon mehr als die Hälfte der Zeit! Ab jetzt wird es schneller gehen, weil ich langsam in Richtung Meer gehe, da wird der Weg einfacher. Freut mich, dass du meinen Blog gerne liest 😊

  2. Aug 23, 2021 7:28 pm

    Bin natürlich auch wieder mit unterwegs und finde die bereits absolvierte Strecke wirklich beachtlich!Die Fotos sind unfassbar schön und das ganze scheint schon einen gewissen „Suchtcharakter“ zu haben.Süchtig nach wunderbaren Ausblicken und Gipfelstolz.Ist ja immer die Belohnung für einen strapaziösen Aufstieg und so mancher Schmerz ist schnell vergessen bei so einem Panorama.
    Den Blog zu lesen ist allein einfach deshalb klasse,weil alles noch so frisch ist. Wer weiß, was bei der langen Distanz und beim späteren Erzählen alles unter den Tisch fiele….Gelegentlich habe ich beim Lesen sogar den Holzgeruch(und Stinkesocken-)der Hütten in der Nase.
    Der Unfall ist wirklich tragisch und erinnert deutlich daran,wie schnell man mal daneben treten,oder die Balance verlieren kann.
    Bin schon gespannt,ob die Strecken fortan wirklich einfacher werden,denn die Streckenbeschreibungen der Bücher waren ja bisher nicht 100%ig zuverlässig.Womöglich gabelst du Han und/oder Veronika nochmal irgendwo auf,wäre schon witzig.Obwohl….man müsste dir vermutlich eine Gefängniskugel mit Kette aus ’nem Comic ans Bein schmieden…
    Also,frisch voran für morgen und bis zum nächsten Bericht.