Helena Algermissen
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Slovenian Mountain Trail – Abschnitt 3

Tag 7-9

Tag 7: von Kocbekov Dom na Korošici zur Kranjska Koča

Ich wachte auf und verließ mein kleines Zimmerchen im Korošici-Container. Die Sonne schien bereits und es war keine Wolke am Himmel. Wie üblich gab es Tortillas mit Nutella zum Frühstück (etabliertes Trail-Food), Jernej bekam Rührei mit Brot vom Hüttenwirt serviert. Wir packten unsere Sachen und starteten sehr früh, das erste Ziel für heute war der Gipfel Ojstrica mit 2350 m. Der Aufstieg war hart und bereits in der Früh war es ziemlich warm. Ab der Hälfte ließen wir unsere Rucksäcke stehen und später auch unsere Wanderstöcke – wir brauchten beide Hände um den Gipfel zu erklimmen. Zusätzlich wanderten wir die meiste Zeit mit Helm, denn hier herrscht fast überall eine hohe Steinschlag Gefahr!

Der Aufstieg

Da wir den Gipfel sehr früh erreichten, war oben wie immer nichts los, nur 2 andere Wanderer waren bereits hier – daran könnte man sich echt gewöhnen. Wir wurden belohnt mit einem 360 Grad Blick über die Kamnik-Savinja Alpen.

Auf dem Gipfel Ojstrica

Anschließend stiegen wir wieder ab und sammelten die zurückgelassenen Stöcke und Rucksäcke ein. Von dort machten wir uns auf den Weg zur Kamniska Koča. Der Weg war weiterhin sehr anspruchsvoll und ein paar mal verloren wir ihn und mussten umkehren, doch die Ausblicke waren gewaltig.

Auf der Kamniška Koča bestellte ich mir eine Suppe und wir machten kurz Pause. Wir befanden uns nun ungefähr auf der Hälfte der für heute vorgesehenen Distanz, doch ich fühlte mich schon ziemlich erschöpft.

Ich checkte den Wetterbericht, weil es sehr wolkig am Himmel war, doch es sah gut aus für den Rest des Tages. Also setzten wir unsere Wanderung fort in Richtung der Kranjska Koča. Diese lag zwar nur auf 1700 m, doch wir stiegen fast komplett bis ins Tal ab, nur um dann wieder hinaufzuwandern. Meine Stimmung war nicht besonders gut, meine Knie schmerzten, es war einfach kein guter Tag für mich. Als wir im Tal ankamen wanderten wir direkt wieder hinauf – leider in die falsche Richtung, wie sich herausstellte. Also mussten wir wieder hinunter ins Tal, nur um erneut aufzusteigen. Der Aufstieg zog sich ewig, ich war mit meinen Kräften wirklich am Ende und Jernej musste sehr oft auf mich warten. Noch dazu hatte sich der Himmel innerhalb von kürzester Zeit hinter uns komplett zugezogen und es donnerte unaufhörlich direkt über uns. Nun hatte ich zum ersten Mal wirklich Angst. Es war noch weit bis zur Hütte, sicherlich 2 Stunden, und wir beide wussten keine bessere Lösung, als einfach so schnell wie möglich den Berg hinaufzukommen. Bevor wir die Hütte erreichen konnten mussten wir allerdings noch einen Pass überqueren, worauf ich nicht besonders scharf war. Wir wanderten so schnell wir konnten und ich fühlte mich einfach nur elend, vor lauter Anstrengung hatte ich Sorge mich übergeben zu müssen und ich war den Tränen nahe.

Als wir dann endlich den Pass erreichten waren wir zunächst einmal überglücklich aber auch erstaunt, denn dahinter war strahlend blauer Himmel nur mit vereinzelten kleinen Wolken zu sehen.

Ein Blick zurück
Und der Blick nach Vorne (links ist sogar schon die Hütte zu sehen)

Der Abstieg bis zur Hütte ging nun relativ schnell und wir waren beide erleichtert als wir um 17:30 Uhr endlich ankamen. Ich muss dazu sagen: wir legten 2 Etappen zusammen, d.h. wir wanderten eine für 2 Tage vorgesehene Strecke an nur einem Tag. Ab heute nahm ich mir jedenfalls vor, kürzere Strecken zu gehen und im nächsten Ort einen Tag Pause zu machen.

Auf der Hütte bestellten wir uns etwas zu essen und ein alkoholisches Getränk um auf unseren Erfolg anzustoßen, oder darauf, dass wir nicht ins Gewitter geraten sind.

Zurückgelegte Distanz: 13,3 km, 1440 hm Aufstieg, 1550 hm Abstieg; gesamte Distanz auf dem SMT: 144,3 km

Tag 8: von der Kranjska Koča zur Cojsova Koča na Kokrskem Sedlu

Wir planten heute einen frühen Start hinzulegen, um mögliche nachmittags aufkommende Gewitter zu vermeiden. Die Dame auf der Hütte ließ sich allerdings sehr lange Zeit um das Frühstück zuzubereiten, also starteten wir erst um 8:00 während alle anderen auf der gleichen Route bereits unterwegs waren. Es dauerte zu meiner Überraschung trotzdem nicht lange bis wir die anderen einholten und sogar überholten. Der Trail war heute eine einzige Klettertour und definitiv das härteste was ich bisher am Berg erlebt habe. Es ging fast vertikal hinauf und wir kletterten direkt am Abgrund auf den Koroška Rinka (2433 m). Es klappte erstaunlich gut und ich hatte keine Angst, aber dazu hatte Jernej sicherlich auch beigetragen, der vor mir kletterte.

Der Klettersteig
Auf dem Gipfel Koroška Rinka

Oben waren die Ausblicke wieder einmal wunderschön und wir machten eine kurze Pause. Es waren 2 andere slowenische Jungs auf dem Gipfel, die das gleiche Ziel hatten, also schlossen wir uns für den Abstieg zusammen. Direkt am Anfang war der Trail komplett von Geröll verschüttet und dadurch nicht zu sehen. Wir verliefen uns ein paar mal und wanderten letztendlich querfeldein. Nach einiger Zeit fanden wir den Weg wieder und erreichten schließlich eine Gabelung. Hier entschied ich den einfacheren Weg zur Hütte zu nehmen und den zweiten Gipfel auszulassen, da ich kein Klettersteigset hatte. Die anderen 3 erklommen den zweiten Gipfel also ohne mich.

Mein Weg sollte um einiges einfacher sein, allerdings bewahrheitete sich das nicht wirklich. Nach einiger Zeit erblickte ich wieder das „Gefahr“ Zeichen neben meinem Wegweiser – ziemlich unfair, weil es unten am ersten Wegweiser nicht stand. Also kletterte ich wieder. Und nicht nur das, der Trail verlief an einer ganz anderen Stelle, als es auf der Karte vermerkt war.

Mein Trail führte über „Sleme„ wo eigentlich kein Ausrufezeichen sein sollte…

Letztendlich erreichte ich die Hütte nach einem langen Abstieg. Jernej und die anderen waren noch nicht da, also plante ich meinen nächsten Tag und bestellte mir ein Radler. Nach einiger Zeit erreichte auch er die Hütte und teilte mir mit, dass er noch heute ins Tal absteigen würde und damit war auch seine Wanderung beendet. Darüber war ich wirklich sehr traurig, denn die letzten 2 Tage hätte ich ohne seine Begleitung wohl weniger gut gemeistert. Ich gab ihm noch mein Zelt, dass er mir von Ljubljana aus per Post zuschicken würde, weil man es hier einfach nicht nutzen konnte, und er überließ mir ein paar seiner übrigen Snacks. Nun hatte ich meine beiden Mitstreiter endgültig verloren und war wieder auf mich allein gestellt. Doch morgen sollte mein letzter schwieriger Tag sein, gefolgt von einem leichteren Abschnitt, auf den ich mich jetzt wirklich freute.

Auf der Hütte befragte ich noch ein paar Wanderer, wie der Trail morgen sein sollte und sie sagten mir, es wäre teilweise sehr ausgesetzt und viel zu klettern, aber definitiv machbar. Ich sagte, ich sei heute ohne Via-Ferrata-Kit den Steig auf Rinka geklettert, woraufhin einer der Wanderer lachte und sagte „Then you have seen the worst in whole Slovenia!“

Cojzova Koča

Zurückgelegte Distanz: 8,5 km, 1285 hm Aufstieg, 1195 hm Abstieg; gesamte Distanz auf dem SMT: 153,1 km

Tag 9: von der Cojzova Koča auf den Grintovec und zur Ceska Koča

Ich schlief nicht besonders gut und stand daher bereits um 5:30 auf, packte meine Sachen und wanderte in der angenehmen Kühle des Morgens los. Mein erstes Ziel für heute war der Gipfel Grintovec (2558 m). Es dauerte nur ungefähr 1,5 Stunden bis ich oben war. Der Weg war zwar steil und lang, aber nicht besonders anspruchsvoll verglichen mit den vorherigen Tagen. Auf der Spitze traf ich ein slowenisches Paar, das auf der gleichen Hütte geschlafen hatte, wie ich. Wir unterhielten uns kurz und der Junge Mann gab mir ein paar Tipps für meine kommenden Tage, als ich ihm sagte, ich würde den gesamten Trail wandern. Sie boten mir sogar an, bei ihnen zu übernachten wenn ich es wirklich bis zum Meer schaffen sollte, da sie dort wohnten. Also tauschten wir unsere Nummern aus und ich machte mich an meinen vorerst letzten harten Abstieg.

Grintovec von unten
Auf dem Gipfel Grintovec

Es gab 2 Optionen um nach unten zu gelangen: einen sehr schweren und ausgesetzten Trail mit vielen Kletterpassagen und einen etwas einfacheren. In der Hütte wurde mir stark davon abgeraten, den ausgesetzten Trail zu nehmen, also folgte ich diesem Rat. Leider musste ich nach ungefähr einer halben Stunde feststellen, dass ich mich auf dem falschen Weg befand. Resigniert musste ich wieder hinaufklettern. Von unten war sogar eine Wegmarkierung auf einem Stein zu sehen, die die Gabelung anzeigte. Dieser Stein war von oben allerdings nicht zu lesen und Wegweiser sind besonders im hochalpinen Bereich eher rar. Nichtsdestotrotz war ich nun auf dem richtigen Weg und stieg ungefähr 2,5 Stunden an der Felswand in Richtung Ceska Koča ab. Der Trail war nicht besonders einfach und enthielt viele Kletterpassagen. Noch dazu war er extrem steil, worüber sich meine Knie und ich nicht besonders freuten.

Falls ihr da keinen Wanderweg seht, liegt ihr genau richtig. Es gibt eigentlich keinen. Meist klettert man einfach nur den rot-weißen Markierungen nach.

Ich erreichte die Hütte schließlich bereits um 12:00 Uhr. Für heute hatte ich nur einen kurzen Tag geplant, damit sich meine Knie wieder etwas erholen konnten. Ein paar Stunden lag ich in der Sonne und später bestellte ich mir noch Palatschinken. Seit langem das erste (naja fast) richtige Essen, das ich bekam. Es begann zu donnern und zu regnen also verzog ich mich in die Hütte. Später klarte es allerdings wieder auf also setzte ich mich auf die Terrasse und las ein Buch.

Die Ceska Koča

Zurückgelegte Distanz: 6 km, 980 hm Aufstieg, 960 hm Abstieg; gesamte Distanz auf dem SMT: 159,1 km

  1. Aug 13, 2021 7:43 pm

    Was soll ich sagen…..die „Wege“ sind so gar nicht als solche zu erkennen.Ich werde im Geiste mal alle Schutzengel der Gegend aktivieren und wünsche dir immer eine top Balance,Trittsicherheit,gute Nerven !Die Bilder sind wunderschön!!Das ist definitiv kein Einsteigerprogramm. Es wäre toll,wenn du dann und wann wieder gute Begleitung fändest,gemeinsam gehen Krisen am besten!

    • Aug 14, 2021 11:23 am

      @Juliane Woelk

      Danke! Die Schutzengel haben gute Arbeit geleistet, ich bin wieder im Tal! Hoffe auch, dass sich mal wieder eine Begleitung findet

  2. Aug 13, 2021 8:48 pm

    Ye Gods. Ich verneige mich vor deinem Mut und deinem Durchhaltevermögen. Mit einer Hand drücke ich dir den Daumen, mit der anderen Hand halte ich die Finger gekreuzt. Eins davon wird das richtige sein. Stay safe.

    • Aug 14, 2021 11:24 am

      @Andreas

      Dankeschön! Ich muss auch ganz ehrlich sagen, ich wusste nicht ganz auf was ich mich da einlasse 😉 aber es ist alles gut gegangen und war eine tolle Erfahrung!

  3. Aug 14, 2021 8:09 am

    Diese Eindrücke von da oben können bestimmt süchtig machen. Der Wahnsinn!!! Später fragst du dich vielleicht, wie du diese Strapazen durchhalten konntest. Tolle und wichtige Erfahrung zu erleben, was so geht und zu erkennen, wo auch mal Schluss sein muss. Kannst stolz auf dich sein, liebe Helena!

    • Aug 14, 2021 11:25 am

      @Katrin Woelk

      Das stimmt! Es ist wirklich beeindruckend wenn man bedenkt was der Körper da alles mitmacht, und das Tag für Tag! An die Erlebnisse auf diesem Trail werde ich mich sicher immer gern zurück erinnern!

  4. Aug 14, 2021 2:46 pm

    Tolle Bilder, spannende Berichte. Gefühlsmäßig liege ich zwischen Bewunderung und Besorgnis. Es wäre schön und beruhigend, wenn Helena zuverlässige Begleiterinnen oder Begleiter finden würde, zumal gemeinsames Erleben meist mehr Spaß macht. Schutzengel mögen keinen Stress. Die schätzen es, wenn ihre Schutzbefohlenen vorsichtig sind und auch mal die weniger spektakuläre Route wählen, wenn sich keine Begleitung anbietet. In Gedanken wandere ich mit. Ich würde gern die Tour auf einer Karte verfolgen. Wo finde ich die.

    • Aug 14, 2021 3:19 pm

      @Willi Woelk

      Ich hoffe auch sehr, dass ich bald wieder neue Begleiter finden werde! Wenn ich dem glauben kann, was ich bisher gehört habe, ist der schlimmste Teil des Trail jetzt geschafft! Es folgen ein paar Tage gemütliches Wald-Wandern. Die Karte kann ich dir per WhatsApp schicken!